Wirtschaft brummt - Fachkräfte fehlen

Wirtschaft brummt - Fachkräfte fehlen
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Stand: 19.10.2017

„Die Wirtschaft in der Region Düsseldorf/Mittlerer Niederrhein bleibt auf Wachstumskurs, aber den Unternehmen gehen die Fachkräfte aus“, fasst Jürgen Steinmetz, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein, das Ergebnis der jüngsten Konjunktur-Umfrage der IHKs Düsseldorf und Mittlerer Niederrhein zusammen. Auch die Krefelder Betriebe melden eine gute Lage. An der Umfrage haben sich knapp 700 Unternehmen mit zusammen 65.000 Beschäftigten beteiligt.

„Wie uns die Unternehmen melden, hat der Fachkräftemangel in besorgniserregender Weise zugenommen“, beschreibt Steinmetz die Kehrseite der guten Konjunktur. Personal und Maschinen sind zwar sehr gut ausgelastet (in der Industrie zu 83,5 Prozent), der Fachkräftemangel hindert jedoch immer mehr Betriebe daran, zusätzliches Personal einzustellen. Rund zwei Drittel der Befragten haben aktuell Personalbedarf, den davon 56 Prozent nicht (zeitnah) decken können.

Die Folgen sind deutlich spürbar: Zwei von drei Unternehmen gaben an, dass ihre vorhandene Belegschaft höher belastet sei. Jeder Vierte erwartet weiter steigende Arbeitskosten. „Fast jeder zweite Betrieb befürchtet, bei anhaltendem Fachkräftemangel sein Wachstumspotenzial nicht ausschöpfen zu können, und rund jeder dritte, sein Angebot einschränken oder Aufträge ablehnen zu müssen“, hebt Steinmetz hervor. Nur zehn Prozent der Betriebe gehen davon aus, dass ein anhaltender Fachkräftemangel keine negativen Folgen für sie haben wird.

Um ihre Fachkräfteversorgung zu sichern, wünschen sich die Betriebe, dass vor allem die berufliche Bildung gestärkt (63 Prozent), die Qualifikation der Schulabgänger verbessert (53 Prozent) und die Beschäftigung ausländischer Fachkräfte erleichtert (31 Prozent) wird. Den größten Handlungsbedarf für die Landes- und für die künftige Bundesregierung sieht die regionale Wirtschaft folglich bei Bildung und Qualifizierung.

Beide IHKs unterstützen die Wirtschaft mit einem umfangreichen Angebot intensiv bei ihrer Fachkräftesicherung. Das reicht von der Beratung und Vermittlung in der Berufsausbildung und der Gestaltung von Ausbildungsberufen (mit dem Fokus Fachkräftenachwuchs) über passgenaue Weiterbildungsangebote und Unterstützung bei der digitalen Transformation (Fokus: Belegschaften) bis hin zu praktischen Hilfen bei der Integration von Berufsrückkehrern, Migranten, Flüchtlingen und Arbeitskräften aus dem Ausland (Fokus: Erschließung zusätzlicher Fachkräftepotenziale). Die IHK Mittlerer Niederrhein bietet unter anderem schon seit einigen Jahren gemeinsam mit den Arbeitsagenturen einen individuellen Fachkräfte-Beratungsservice an.

Jenseits der Fachkräfteproblematik beurteilen die befragten Unternehmen ihre aktuelle Geschäftslage so gut wie in keinem Spätsommer seit der letzten Konjunkturkrise. Jeweils 45 Prozent bezeichnen ihre Geschäftslage als gut beziehungsweise als befriedigend.

In Krefeld hat sich die Geschäftslage seit Jahresbeginn ebenfalls verbessert. Mittlerweile beurteilen 37 Prozent der Betriebe ihre Geschäftslage als gut, nur 13 Prozent als schlecht. Der Geschäftslageindikator als Differenz zwischen dem gut- und dem schlecht-Anteil nimmt damit einen Wert von 24 Punkten an. Dieser liegt zwar unter dem Wert der Gesamtregion (35 Punkte), allerdings über dem Niveau am Jahresbeginn (20,5 Punkte).

Zwar wird die Konjunktur weiterhin wesentlich durch die Binnennachfrage getragen, aber auch die Geschäftslage der exportierenden Betriebe hat sich verbessert. „34 Prozent der verarbeitenden Betriebe in der Gesamtregion berichten über mehr Auslandsaufträge, 25 Prozent über weniger. Deshalb ist bei den Industriebetrieben der Anteil derjenigen, die ihre Lage aktuell als ‚gut‘ bezeichnen, von knapp einem Drittel auf fast die Hälfte gestiegen,“ erläutert Gregor Berghausen, Hauptgeschäftsführer der IHK Düsseldorf. In der Bauwirtschaft hält der Boom weiter an. Sowohl die produktionsnahen als auch die auf Konsumgüter spezialisierten Großhändler seien sehr zufrieden. Das gelte auch für die unternehmensbezogenen Dienstleister. Lediglich aus dem Einzelhandel kämen erstmals seit drei Jahren wieder mehr kritische Stimmen als zuvor. Dennoch bleibe im dritten Jahr in Folge die Stimmung der Händler insgesamt knapp positiv.

„Für das Jahr 2018 geht die regionale Wirtschaft davon aus, dass es bei der guten Entwicklung bleibt“, sagt Steinmetz und gibt damit der Hoffnung Ausdruck, dass sich der Aufschwung auch im achten Jahr in Folge fortsetzt. Fast zwei Drittel aller Betriebe rechnen mit keiner Veränderung. Jeder vierte hofft sogar auf (noch) bessere Geschäfte, und nur jeder neunte befürchtet einen Rückgang.

Denn insgesamt sind die Rahmenbedingungen laut Steinmetz weiter günstig. Die Investitionstätigkeit ist regional und deutschlandweit spürbar gestiegen. Gleiches gilt für Beschäftigung und Einkommen. Das Zinsniveau bleibt niedrig, die Konjunktur in den Hauptexportländern zieht weiter an. Trotz des bevorstehenden Brexit, protektionistischer Töne aus den USA und internationaler Krisen (Spanien, Türkei, Nordkorea) sehen nur knapp 20 Prozent der Unternehmen besondere Konjunkturrisiken beim Export. Auch unter allen exportierenden Firmen ist es weiter nur ein gutes Drittel.

Anlage: Gemeinsamer Konjunkturbericht der IHKs Düsseldorf und Mittlerer Niederrhein, Spätsommer 2017