„Gewerbeflächenpolitik ist wenig vorausschauend“

„Gewerbeflächenpolitik ist wenig vorausschauend“
© IHK

Diese Meldung stammt aus dem Archiv und ist möglicherweise nicht mehr aktuell.

Stand: 11.05.2020

Lob für den Investitionspakt und Kritik an der restriktiven Gewerbeflächenpolitik – damit hat die Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein auf die Entscheidungen des Neusser Stadtrats reagiert. In dessen jüngster Sitzung hatte Kämmerer Frank Gensler eine Prognoserechnung vorgelegt. Demnach könnte die Corona-Krise die Stadt Neuss bis zu 100 Millionen Euro kosten – und das bei einem Etat, der schon bei seiner Verabschiedung im Dezember ein Minus von 20 Millionen Euro aufwies.

Um die städtischen Einnahmen langfristig zu stabilisieren, hat Bürgermeister Rainer Breuer einen Investitionspakt angekündigt. Die IHK begrüßt diese Maßnahme ebenso wie den Verzicht auf Gebühren für Sondernutzungen. „Die Gewerbesteuereinnahmen dürften vielerorts in diesem und auch nächstem Jahr deutlich geringer ausfallen als prognostiziert“, so IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz. „Es wird in den kommenden Monaten in den Städten und Gemeinden darauf ankommen, mit einer klugen Wirtschaftspolitik vor Ort den Betrieben das Wirtschaften zu erleichtern – das wird letztlich auch den kommunalen Haushalten zugutekommen.“

Als „weniger vorausschauend“ kritisierte Steinmetz die Entscheidung des Stadtrats, auf die Bereitstellung neuer Gewerbe- und Industriegebiete zu verzichten. Der Rat hatte beschlossen, den Entwurf des neuen Flächennutzungsplanes noch einmal öffentlich auszulegen – allerdings ohne das Gewerbegebiet Derikum. „Damit werden de facto keinerlei neue Gewerbeflächen für die Neusser Wirtschaft zur Verfügung gestellt“, so Steinmetz. Die IHK weist seit Jahren darauf hin, dass die bislang angedachten neuen Gewerbeflächen den Bedarf der Neusser Wirtschaft nicht abdecken. Das im Auftrag der Stadt erstellte Gewerbeflächengutachten aus dem Jahr 2018 prognostiziert einen künftigen Bedarf von etwa 100 Hektar.

Neue Gewerbeflächen, die nicht schon verkauft oder reserviert sind, gibt es im neuen Flächennutzungsplan nicht. „Die Erweiterung in Derikum war die einzige allgemein verfügbare Fläche – und die wird jetzt auch gestrichen“, kommentiert Steinmetz die Ratsentscheidung. „Das ist eine große Enttäuschung für die Neusser Unternehmen, die schon seit langem nach Flächen suchen.“ Die Entscheidung der Neusser Politik werde dazu führen, dass Neuansiedlungen ausbleiben, Erweiterungsflächen für ortsansässige Unternehmen nicht zur Verfügung stehen, Arbeitsplätze und Steuereinnahmen verloren gehen.