Fridays for Future und Strukturwandel

Fridays for Future und Strukturwandel
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Stand: 25.06.2021

„Warum wir für Klimaschutz auf die Straße gehen“: Mit diesem für den Ausschuss für Industrie, Energie, Umwelt und Digitales der Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein ungewöhnlichen Thema haben sich dessen Mitglieder in ihrer jüngsten Sitzung beschäftigt. Cedric Röhrich und Falko Mesch von der Initiative „Fridays for Future“ (FFF) erläuterten ihre Sicht auf den Klimawandel und ihre Forderungen. Im Laufe der Diskussion zeigte sich, dass die Ansichten der Bewegung und der Unternehmer in manchen Punkten gar nicht so weit auseinanderklaffen.

„Für mich ist dies eine besondere Sitzung mit zwei Megathemen für unsere Region“, sagte IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz bei der Begrüßung der Ausschussmitglieder und Gäste, zu denen auch der neue Geschäftsführer der Zukunftsagentur Rheinisches Revier, Bodo Middeldorf, gehörte. „Es ist unsere Verpflichtung, mit den nachfolgenden Generationen das Thema Klimaschutz zu erörtern. Nur, wenn man sich mit den jeweiligen Argumenten auseinandersetzt, kann man Verständnis füreinander aufbringen und so gemeinsam vielleicht sogar neue Ideen entwickeln“, betonte Steinmetz. Der Ausschussvorsitzende Burkard Ungricht verwies darauf, dass sich die Unternehmerinnen und Unternehmer ihrer Verantwortung für den Klimaschutz bewusst sind. „Dieses Thema geht uns alle an, und in vielen Unternehmen gibt es ganze Abteilungen, die sich damit beschäftigen. Schon seit einiger Zeit wirken sich die politischen Aussagen auf strategische Überlegungen und Investitionsentscheidungen aus.“

Während Mesch die Grundlagen anhand von Studien erläuterte, fasste Röhrich die Forderungen zusammen: Keine Emissionen mehr ab 2035, Ende der Subventionen für fossile Energieträger, möglichst schnelle Preiserhöhung für CO2-Emissionen auf 180 Euro pro Tonne, ein Viertel der Kohlekraft jetzt abschalten, Kohleausstieg bis 2030. Von den Unternehmen fordert FFF unter anderem einen dekarbonisierten Unternehmens- und Güterverkehr, eine konsequente Kreislaufwirtschaft und Solaranlagen auf Firmengebäuden. „Außerdem müssen bis 2035 alle Industrieanlagen klimaneutral sein“, sagte Röhrich. „Neben der Elektrifizierung der Prozesse hat grüner Wasserstoff für die Industrie ein enormes Potenzial. Diesbezüglich brauchen wir von der politischen Seite Planungssicherheit.“ Schließlich appellierte Mesch: „Aus ökonomischer Sicht ist es sinnvoll, jetzt zu handeln. Die Kosten werden viel geringer sein, wenn wir präventiv handeln.“

In der sich anschließenden Diskussion wiesen die Unternehmer darauf hin, dass es darauf ankomme, wie man die Kosten für den Klimawandel gesellschaftlich stemmen könne. Die Preiserhöhung für CO2-Emissonen zum Beispiel würde für jeden Haushalt erhebliche Mehrkosten bedeuten. Hinzu komme, dass sich der Strombedarf immens steigern werde. Gleichzeit müsse die Versorgung gesichert sein. Deshalb sei eine Erzeugung erneuerbarer Energien im industriellen Maßstab unabdingbar. Allerdings gäbe es häufig etwa für den Bau von Windkraftanlagen oder Solarthermieanlagen wenig Unterstützung. Für solche Projekte bat das Unternehmergremium die FFF-Vertreter um Mithilfe. „Dass wir für die Umsetzung konkreter Projekte auf die Straße gehen, ist ein guter Ansatz, den wir mit in unsere Runden nehmen“, versprach Röhrich.

„Das Rheinische Revier ist auf dem Weg, eines der größten Klimaschutzprojekte Europas zu werden“, erklärte Zukunftsagentur-Geschäftsführer Middeldorf. Über eine Milliarde Tonne Braunkohle, die man bis 2050 habe abbauen wollen, bliebe im Boden. Dies entspreche einer Einsparung von ebenfalls über einer Milliarde Tonnen CO2. Nun gehe es darum, die Unternehmen im Rheinischen Revier darin zu unterstützen, diesen Wandel als Chance zu nutzen, und Rahmenbedingungen zu schaffen, damit neue Betriebe für die Region gewonnen werden können. Dafür sei eine Offensive beim Thema Flächenentwicklung erforderlich. „Wir können nicht auf die Kraftwerksstandorte warten“, betonte Middeldorf. Gleichzeitig konzentriere sich der Blick der Zukunftsagentur nun verstärkt auf die Projektinitiierung der hiesigen Unternehmen. „Dort werden die Arbeitsplätze geschaffen.“ Sicherlich gebe es noch viele Fragen, vor allem mit Blick auf die energieintensive Industrie, sagte der Geschäftsführer. „Aber die Zielsetzung einigt uns: die Klimaneutralität für NRW im Jahr 2045.“