Gutachten zum Haushalt Mönchengladbach

Gutachten zum Haushalt Mönchengladbach
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Stand: 30.11.2015

Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein hat den Haushaltsplanentwurf der Stadt Mönchengladbach für das Jahr 2016 in einem Brief an Oberbürgermeister Hans Wilhelm Reiners kritisiert. Die IHK stützt sich in ihrer Stellungnahme auf ein Gutachten von Prof. Dr. Harald Schoelen von der Hochschule Niederrhein. „Wir appellieren an die Stadt und den Rat, die Realsteuerhebesätze nicht zu verändern“, erklärt IHK-Präsident Heinz Schmidt. „Kommunen, die Steuern erhöhen, laufen Gefahr, am Ende weniger einzunehmen. Unternehmen ziehen fort, ansiedlungsinteressierte Betriebe bleiben fern.“ Der Haushaltsplanentwurf der Stadt sieht eine Erhöhung der Grundsteuer um etwa 23 Prozent vor. Die Gestaltungsmehrheit im Rat möchte sie um 19 Prozent erhöhen und die für Unternehmen noch wichtigere Gewerbesteuer um 3,2 Prozent.

Die Festsetzung des neuen Grundsteuerhebesatzes entspricht laut Stadtkämmerer Bernd Kuckels dem Durchschnittswert der kreisfreien Städte im Stärkungspakt. Auch die Ratsmehrheit hat diese Vergleichsgruppe bei der Festlegung des Gewerbesteuerhebesatzes herangezogen. „Das ist aber keine adäquate Vergleichsgruppe“, erklärt IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz. „Keine kreisfreie Stärkungspaktstadt, die die Gewerbesteuern erhöht hat, konnte damit im Zeitraum von 2011 bis 2014 ein Plus erzielen.“ In Duisburg, Herne, Leverkusen und Gelsenkirchen lag das Minus sogar bei mehr als 15 Prozent. „Das ist das Ergebnis von standortschädlichen Steuererhöhungen“, so Steinmetz. Erst im November hatte zum Beispiel das Unternehmen Oxea mitgeteilt, dass es seine Zentrale von Oberhausen, wo der Gewerbesteuersatz sehr hoch ist, nach Monheim verlegt. Dort muss das Unternehmen weniger Steuern zahlen.

Die IHK befürchtet, dass derartige Szenarien auch auf Mönchengladbach zukommen können – nicht nur aufgrund der aktuellen Steuererhöhungspläne. Die finanzielle Perspektive des Haushalts ist schlecht, die Risiken für die mittelfristige Finanzplanung sind hoch. Das zeigt das Gutachten des Finanzwissenschaftlers Schoelen. „Insbesondere die prognostizierten Sozialtransferaufwendungen sind zu gering angesetzt“, erklärt der Gutachter. „Dies wird einen steten jährlichen Nachbesserungsbedarf auslösen.“ Auch die Ansätze bei den Erträgen sind laut seiner Analyse überzogen. Er geht davon aus, dass der Stadt insgesamt bis zum Jahr 2021 noch 160 Millionen Euro fehlen.

„Das Problem ist, dass verschiedene Sparmaßnahmen keinen oder nicht den gewünschten Effekt erbracht haben“, so Schoelen. „Dagegen wird nach derzeitigem Stand mehr als jeder zweite Euro des Konsolidierungsvolumens aus dem Stärkungspakt bis zum Jahr 2021 durch die Erhöhungen der Grund- und Gewerbesteuer kommen.“ Er befürchtet, dass Stadt und Politik mit den aktuellen Plänen die Steuerschraube endgültig überdrehen würden.

Die IHK fordert daher die Stadtverwaltung auf, neue Konsolidierungsmaßnahmen zu entwickeln, die bei den Ausgaben ansetzen. „Sonst wird es in den kommenden Jahren zu weiteren Steuererhöhungsdebatten kommen“, fürchtet Schmidt. Daher appelliert die IHK an Politik und Verwaltung, bei der finanziellen Ausgestaltung des neuen „Stadtbetriebs Mönchengladbach“ maßvoll vorzugehen und die Kosten-Nutzen-Relation im Blick zu haben. „Wir unterstützen Maßnahmen zur Sauberkeit der Stadt, aber wir sprechen hier von ureigenen städtischen Aufgaben, für die nun die höchste Grundsteuererhöhung in der Geschichte der Vitusstadt beschlossen werden soll“, so der IHK-Präsident. Die IHK bezweifelt, dass sich die Stadt die Erhöhung der Standards angesichts der Risiken im Haushalt leisten kann, und befürchtet, dass die Steuermehreinnahmen langfristig im allgemeinen Haushalt versickern.