Ökonom Raffelhüschen spricht Klartext

Ökonom Raffelhüschen spricht Klartext
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Stand: 25.09.2015

Prof. Dr. Bernd Raffelhüschen ist beim Versicherungsvermittlertag Niederrhein im BMW-Autohaus Kirsch in Mönchengladbach mit der Politik, aber auch mit seinen Zuhörern hart ins Gericht gegangen. „Manche sind so meschugge, dass sie glauben, ihr Hund tue auch noch etwas zur Rente dazu“, sagte er in seinem Vortrag unter dem Titel „Zwischen Niedrigzins und Frau Nahles – zur Nachhaltigkeit der Alterssicherung“ und stellte vor den rund 200 Besuchern klar: „Die Kinder fehlen uns. Nur ein Drittel von Ihnen hat familienpolitisch vernünftig gehandelt. Aber jetzt ist die Messe gelesen. Also müssen wir uns darauf einstellen.“ Zum Versicherungsvermittlertag eingeladen hatten die Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein in Kooperation mit der Niederrheinischen IHK, dem Bundesverband
Deutscher Versicherungskaufleute e.V. (BVK), dem BV Mittlerer Niederrhein und dem BV Niederrhein-Nord.

Sowohl die sogenannte Mütterrente als auch die abschlagsfreie Rente mit 63 bezeichnete Raffelhüschen als „das Dümmste, was man hätte machen können“. „Für Kinder, die vor 1992 geboren wurden, gibt es 28 Euro mehr, aber das Kind zahlt’s – das ist kein Geschenk.“ Und in den Genuss der Rente mit 63 kämen nur sehr wenige und dann ausgerechnet diejenigen, denen es ohnehin gut gehe: Männer der Geburtsjahrgänge 1952 bis 1963, die als Facharbeiter oder im Handel, in Banken oder bei Versicherungen tätig waren.

„Kompletter Blödsinn“ ist für Raffelhüschen die Annahme, dass verstärkt Altersarmut drohe. „Vielmehr brauchen wir eine Sicherung unseres Lebensstandards.“ Und die müsse man selbst in die Hand nehmen. „Das müssen Sie Ihren Kunden erzählen“, sagte er und nannte zwei Faustformeln: Um ein Nettorentenniveau von 70 Prozent zu halten, müssten die Kunden fünf bis sieben Prozent des Bruttoeinkommens sparen. Das alles Entscheidende aber sei: „Lege nicht alle Eier in einen Korb, sondern fülle alle Körbe mit Eiern.“

Nach der Eröffnung durch Horst Pawlik, Vorsitzender des BVK BV Mittlerer Niederrhein, hatten Mönchengladbachs Oberbürgermeister Hans Wilhelm Reiners und IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz die große Relevanz des Versicherungsvermittlergewerbes betont. „427 Millionen Verträge gibt es, die Sie absichern“, sagte Steinmetz. 3.130 Vermittler seien bei der IHK Mittlerer Niederrhein registriert. „Diese EU-Richtlinie zur Registrierungspflicht bringt uns in besonderer Weise zusammen.“ BVK-Präsident Michael H. Heinz animierte in seinem Vortrag „Was macht uns Vermittler zukunftsfähig?“ seine Zuhörer, unternehmerisch zu handeln: „Als unabhängige und selbstbewusste Kaufleute verkörpern wir Ehrlichkeit und Transparenz, Loyalität und Verlässlichkeit und sind ausschließlich den Interessen unserer Kunden verpflichtet.“

In der abschließenden Diskussion zwischen Heinz, Wolfgang Hanssmann von der Talanx Deutschland AG, Professor Raffelhüschen und BVK-Präsident Michael H. Heinz ging es vor allem um die Frage, wie die Agentur der Zukunft aussieht. „Der klassische Vermittlerbetrieb ist auf Fachpersonal angewiesen, allein schon wegen der gesetzlichen Auflagen und des Fokus‘ auf den Verbraucherschutz“, erklärte Heinz. „Aber das ist eine Gefahr, weil die Rechnung für viele Vermittler betriebswirtschaftlich nicht mehr aufgeht.“ Für ihn steht fest: „Agenturen, wie wir sie heute noch kennen, wird es in dieser Form nicht mehr geben. Entweder schließen sie sich zusammen, oder die Vermittler geben ihren Beruf auf.“

Bildunterschrift:
Sprach Klartext: Prof. Dr. Bernd Raffelhüschen hält die abschlagsfreie Rente mit 63 für „das Dümmste, was man hätte machen können“.