IHK-Analyse zum Arbeitsmarkt

IHK-Analyse zum Arbeitsmarkt
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Stand: 17.02.2016

Die Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt stellen die Wirtschaft am Niederrhein vor vielfältige Herausforderungen. „Die Unternehmen spüren den Fachkräftemangel, die steigenden Arbeitskosten und die zunehmende Regulierung durch die Bundesregierung“, fasst Jürgen Steinmetz, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein, das Ergebnis einer neuen Studie zusammen, die jetzt veröffentlicht wurde. Basis der IHK-Analyse ist eine Befragung bei 500 Betrieben in Krefeld, Mönchengladbach, im Kreis Viersen und im Rhein-Kreis Neuss.

Grundsätzlich sind die Kennzahlen des regionalen Arbeitsmarkts vielversprechend. Nach Daten der Bundesagentur für Arbeit ist die Beschäftigung in den vergangenen 15 Jahren am Mittleren Niederrhein um 4,6 Prozent gestiegen. Die Zahl der Arbeitslosen ist seit 2005 deutlich gesunken. „Alleine von 2005 bis 2014 betrug der Rückgang 20 Prozent“, erklärt Steinmetz. „Das ist aber kein Grund, die Hände in den Schoß zu legen – denn der Arbeitsmarkt in NRW hat sich insgesamt noch besser entwickelt“, so Steinmetz. Aus Sicht der IHK ist eine vorausschauende Flächenpolitik das beste Rezept für mehr Beschäftigung. „Schließlich sind für das Wachstum oder die Neuansiedlung von Unternehmen, die letztlich neue Arbeitsplätze schaffen, passgenaue Gewerbeflächen notwendig“, so Steinmetz.

Eine große Herausforderung für die Wirtschaft ist der Fachkräftemangel. Nach Analyse der IHK kann jeder dritte Betrieb derzeit mehr als drei Monate lang offene Stellen nicht besetzen, weil keine passenden Fachkräfte gefunden werden können. „Hochgerechnet fehlen bei uns in der Region etwa 5000 Fachkräfte“, erklärt Steinmetz. Der IHK-Hauptgeschäftsführer fordert, dass insbesondere die duale Ausbildung gestärkt wird. Schließlich suchen die Betriebe insbesondere nach Bewerbern mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung. Dieser Trend wird sich auch in den kommenden Jahren fortsetzen. 44 Prozent der Betriebe prognostizieren, dass sie in diesem Zeitraum Absolventen der dualen Berufsausbildung benötigen, nur 30 Prozent der Betriebe Mitarbeiter mit einem akademischen Abschluss.

Sorge bereitet den Unternehmen zudem die zunehmende Regulierung des Arbeitsmarktes. Die Große Koalition hatte in den Jahren 2014 und 2015 die abschlagsfreie Rente mit 63 und das Mindestlohngesetz verabschiedet. Derzeit in Planung ist zudem ein Gesetz zur weiteren Regulierung der Zeitarbeit. Insbesondere die Rente nach 45 Beitragsjahren ist laut IHK-Analyse ein Risiko. 15 Prozent der Betriebe meldeten, dass sie für Arbeitnehmer, die aufgrund dieser Neuregelung ausgeschieden sind, keinen geeigneten Nachwuchs finden konnten. „Das verschärft den Fachkräftemangel“, erklärt Steinmetz.

Der IHK-Hauptgeschäftsführer warnt außerdem vor den Auswirkungen einer weiteren Regulierung der Zeitarbeit. In der politischen Diskussion standen zuletzt die gleiche Bezahlung von Stammbelegschaft und Zeitarbeitern ab dem ersten Verleihtag und die Begrenzung der Einsatzdauer von Leiharbeitern auf 18 Monate. Etwa die Hälfte der Betriebe, die auf dieses Flexibilisierungsinstrument angewiesen sind, würde die Zeitarbeit einschränken, sollten diese Regulierungsmaßnahmen beschlossen werden. „Das würde der Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen im internationalen Vergleich spürbar schaden“, sagt der IHK-Hauptgeschäftsführer.
 
Auch das Mindestlohngesetz hält die IHK für problematisch, allerdings räumt Steinmetz ein: „Es ist richtig, dass der Mindestlohn bislang kaum zu Entlassungen geführt hat.“ Nur 5 Prozent der Betriebe gaben bei der IHK-Umfrage an, aufgrund des Mindestlohns Mitarbeitern gekündigt zu haben. Die gestiegenen Bürokratiekosten sind für knapp ein Drittel der Unternehmen ein Problem. „Außerdem läuft die Konjunktur derzeit gut“, argumentiert Steinmetz. „Die Auswirkungen des Mindestlohns auf den Arbeitsmarkt dürften sich in einer Rezession stärker bemerkbar machen.“

Dass derzeit sogar über eine Anhebung des Mindestlohns diskutiert wird, hält der IHK-Hauptgeschäftsführer für unverantwortlich: „Unsere Analyse zeigt, dass die Entwicklung der Arbeitskosten in den vergangenen Jahren dazu geführt hat, dass die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe im Vergleich zu Mitbewerbern aus anderen Industrieländern gelitten hat.“ Für 16 Prozent der Betriebe in der Region sei der Fortzug aus Deutschland, zumindest für Unternehmensteile, alleine aufgrund nicht wettbewerbsfähiger Arbeitskosten denkbar. „Das ist ein deutliches Warnsignal, den Arbeitsmarkt nicht noch stärker zu regulieren“, appelliert Steinmetz.