IHK-Studie zur Haushaltslage

IHK-Studie zur Haushaltslage
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Stand: 13.04.2016

Krefeld hat von 2009 bis 2014 Eigenkapital in Höhe von 76 Millionen Euro verloren, das sind 11,3 Prozent. Sowohl die Defizite der vergangenen Jahre als auch die Prognose für die kommenden Jahre liegen etwa auf dem Niveau vergleichbarer Kommunen wie Gelsenkirchen, Bochum und Wuppertal. So lauten wesentliche Ergebnisse einer Studie des Rheinisch-Westfälischen-Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) zur Lage der Kommunalfinanzen in der Region. Das Institut hat im Auftrag der Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein die Haushaltssituation der Städte und Gemeinden des IHK-Bezirks mit der Finanzsituation von Kommunen ähnlicher Größe und Struktur verglichen.

Das RWI sieht in allen Kommunen des IHK-Bezirks Mittlerer Niederrhein einen erheblichen Konsolidierungsbedarf. Die Jahresfehlbeträge lagen im Jahr 2015 voraussichtlich bei insgesamt 140 Millionen Euro. „Hierbei handelt es sich nicht nur um eine Momentaufnahme, sondern um ein strukturelles Problem“, erklärt Prof. Dr. Roland Döhrn, Leiter des Kompetenzbereichs „Wachstum, Konjunktur, Öffentliche Finanzen“ beim RWI. Das zeigt nach Analyse der RWI-Forscher insbesondere die Entwicklung der Kassenkredite. Die Pro-Kopf-Verschuldung durch Kassenkredite stieg von 1.139 Euro im Jahr 2010 auf 1.380 Euro im Jahr 2014 und damit jährlich um 4,9 Prozent. „Die Verschuldungsdynamik war damit zwar geringer als im Landesdurchschnitt, aber der Konsolidierungsbedarf ist absolut größer geworden“, argumentiert Döhrn. Das Problem betrifft insbesondere die kreisfreien Städte Krefeld und Mönchengladbach.

Aus Sicht der Wirtschaft ist diese Entwicklung besorgniserregend: „Für die regionale Wirtschaft sind Kommunen mit einer soliden Finanzlage sehr wichtig“, sagt Elmar te Neues, Vizepräsident der IHK Mittlerer Niederrhein. „Schließlich können Städte und Gemeinden mit defizitären Haushalten und hohen Schulden nicht die notwendigen Investitionen für die Zukunft finanzieren.“

Die wesentliche Ursache für die strukturellen Haushaltsprobleme sieht das Essener Wirtschaftsforschungsinstitut in der Entwicklung der Sozialleistungen. „Am Mittleren Niederrhein stiegen die Auszahlungen im Sozialbereich von 2010 bis 2014 um 14,1 Prozent. Der Anteil dieser Ausgaben am Gesamtetat liegt damit bei gut 20 Prozent“, so Döhrn.

Durch die Flüchtlingsmigration würden sich die Ausgaben weiter erhöhen und die Haushalte der Städte und Gemeinden weiter unter Druck geraten. „Neben den Transfers aus dem Asylbewerberleistungsgesetz kommen weitere Kosten auf die Kommunen zu, zum Beispiel für den Wohnraum“, erklärt Döhrn. Die IHK appelliert daher an die Bundes- und Landespolitik, ihren Pflichten nachzukommen: „Natürlich sind vor allem die Kommunen dafür verantwortlich, ihre Haushalte zu konsolidieren“, betont te Neues. „Aber mit Blick auf die hohen Sozialkosten gelingt dies nur, wenn das Konnexitätsprinzip stärkere Anwendung findet. Derjenige, der ein Gesetz beschließt, muss auch finanziell dafür aufkommen.“

Die Lage Krefelds ist weiterhin angespannt. Im vergangenen Jahr hatte sich die IHK kritisch zum Haushaltssicherungskonzept der Stadt Krefeld geäußert, weil es neben Steuererhöhungen insbesondere auf Sondereffekte der Wohnstätte Krefeld basiert. Auch das RWI sieht dies kritisch. „Es liegt auf der Hand, dass die erhöhten Gewinnausschüttungen und die Einmaleffekte nur die Zeit bis zu einer nachhaltigen Konsolidierung des operativen Ergebnisses überbrücken können. Die Einmaleffekte lassen sich schließlich nicht wiederholen“, so Döhrn. Strukturelles Sparen sei daher dringend geboten.

Darüber hinaus zeigt die Analyse, dass der Krefelder Haushalt stärker als in den Vergleichsgemeinden ähnlicher Größe und Struktur durch Zuschüsse an städtische Unternehmen belastet wird. „Die Zahlungen belaufen sich im Durchschnitt der Jahre 2014 bis 2018 auf voraussichtlich 21,1 Millionen Euro jährlich“, erläutert Döhrn. Gut die Hälfte davon erhält das Theater.

„Uns besorgt, dass immer mehr Kommunen versuchen, über höhere Steuern ihre Haushalte auszugleichen“, erklärt IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz. Krefeld hatte zum Jahr 2015 die Gewerbesteuer um 40 Punkte und damit um mehr als 9 Prozent erhöht. Damit steht die Seidenstadt nicht alleine da. „Die Region hat in den vergangenen Jahren durch die Vielzahl an Steuererhöhungen an Attraktivität eingebüßt“, sagt der IHK-Hauptgeschäftsführer. Von 1991 bis 2014 wurde die Gewerbesteuer am Mittleren Niederrhein im Durchschnitt um 9,5 Prozent erhöht, die Grundsteuer um 33 Prozent.

Eine weitere Erkenntnis der Analyse: Nordrhein-Westfalen hat von allen Flächenländern die höchsten Gewerbesteuer- und Grundsteuerhebesätze. Aus Sicht der IHK können Steuererhöhungen zwar kurzfristig für Liquidität sorgen, langfristig haben sie aber eine negative Wirkung. „Ansiedlungsinteressierte Unternehmen entscheiden sich für Standorte mit niedrigen Steuersätzen“, erklärt Steinmetz. „Dauerhaft höhere Steuereinnahmen erzielen die Städte, die eine vorausschauende Flächenpolitik betreiben und günstige Voraussetzungen für Ansiedlungen schaffen.“

Die Studie steht zum Download unter www.mittlerer-niederrhein.ihk.de/7054 bereit.


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