Vollversammlung diskutiert mit NRW-Wirtschaftsminister

Vollversammlung diskutiert mit NRW-Wirtschaftsminister
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Stand: 22.02.2016

Was unternimmt die Landesregierung, um die duale Berufsausbildung zu stärken? Wie geht es mit dem Breitbandausbau in Nordrhein-Westfalen weiter? Wird es auch künftig genug Gewerbeflächen im Land geben? Wie steht die Landesregierung zu den Häfen am Niederrhein? Wann werden endlich wichtige Infrastrukturprojekte umgesetzt? Die Mitglieder der IHK-Vollversammlung hatten viele Fragen an Garrelt Duin. Der Minister für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk des Landes Nordrhein-Westfalen war zu Gast in der jüngsten Sitzung des  Unternehmergremiums.

In seiner Begrüßung wählte IHK-Präsident Heinz Schmidt deutliche Worte: „NRW ist Schlusslicht beim Wirtschaftswachstum in Deutschland, Nordrhein-Westfalen hat aktuell die drittschlechteste Investitionsquote im verarbeitenden Gewerbe. Wir vermissen einen wirtschaftspolitischen Befreiungsschlag der Landesregierung.“ Wer heute nicht investiere, werde es mittelfristig mit Engpässen zu tun haben, erklärte Schmidt mit Blick auf dringend erforderliche Investitionen in Verkehrs- und Kommunikationsinfrastruktur. „Diesen unternehmerischen Grundsatz sollte sich die Landesregierung zu Herzen nehmen.“

Der IHK-Präsident appellierte an den Minister, sich für die duale Berufsausbildung stark zu machen: „Dieses System ist ein Erfolgsmodell, um das uns andere Länder beneiden.“ Im Vergleich zu anderen Ländern sei die Jugendarbeitslosigkeit in Deutschland extrem niedrig. „Es gilt, dem Trend zur Überakademisierung durch ein offensives Vermarkten der dualen Ausbildung entgegenzuwirken.“ Darüber hinaus müsse dringend in die Ausstattung der Berufskollegs investiert werden. „Der Zustand ist zum Teil katastrophal“, so Schmidt. Duin erklärte, Investitionen in die Berufsbildungsstätten seien notwendig und kündigte eine Kampagne der Landesregierung im Rahmen des Ausbildungskonsenses NRW an, um das Image der dualen Ausbildung zu verbessern.

Unterstützung durch die Landesregierung forderte die Vollversammlung auch bei der Erarbeitung des nationalen Hafenkonzepts und bei der Diskussion um den Bundesverkehrswegeplan. Die sogenannten ZARA-Häfen – Zeebrügge, Amsterdam, Rotterdam und Antwerpen – seien für Industrie und Handel im gesamten Rheinland von wesentlich größerer Bedeutung als die deutschen Hochseehäfen, erläuterte Vollversammlungsmitglied Günter Haberland. „Die Binnenhäfen am Rhein sind die natürlichen Partner der ZARA-Häfen.“ Die Optimierung der Infrastruktur zu den ZARA-Häfen sollte für NRW höchste Priorität haben, appellierte Haberland. „NRW muss dafür Sorge tragen, dass ausreichend Investitionsmittel dafür bereitgestellt werden.“ Garrelt Duin erklärte, dass im April ein eigenes Wasserstraßen,-Hafen- und Logistikkonzept der Landesregierung vorgestellt werden soll. Mit Blick auf den Bundesverkehrswegeplan versprach Duin einen Schulterschluss von Regierung und Unternehmen: „Wir werden den Plan in Abstimmung mit den Vertretern der Wirtschaft bewerten und uns entsprechend positionieren.“

Ein „klares Bekenntnis“ der Landesregierung für den Ausbau der Infrastruktur, für eine ausreichende Versorgung der Wirtschaft mit geeigneten Gewerbeflächen und für den Schutz der Betriebe vor „heranrückender Wohnbebauung“ forderte IHK-Vizepräsident Dr. Erich W. Bröker. In der aktuellen Fassung des Landesentwicklungsplans seien ganz wesentliche Wünsche der Wirtschaft bezüglich Gewerbeflächen berücksichtigt worden, betonte der Wirtschaftsminister. „Das ist vor allem auch dem Einsatz der Industrie- und Handelskammern zu verdanken.“ Mit Blick auf die Diskussion um Abstandsregelungen der neuen Seveso-III-Richtlinie versicherte Duin: „Die Bundesregierung hat mir zugesichert, dass diese Regelung so umgesetzt wird, dass der Bestandsschutz unserer Unternehmen gewährleistet wird.“

Beim Thema Breitbandausbau kritisierte IHK-Vizepräsident Elmar te Neues, dass die Zielmarke von 50 Mbit/s in NRW aus Sicht der Wirtschaft nicht ausreichend sei: „Wenn schon Fördermittel in beträchtlichem Umfang für den Ausbau der Breitbandinfrastruktur bereitgestellt werden, sollte zumindest bei der Versorgung von Gewerbegebieten auf die Verlegung von Glasfaserkabeln bestanden werden.“ Duin warb für die Breitbandförderprogramme des Bundes und des Landes und verwies auf ein Programm für Gewerbegebiete, mit dem die Glasfasertechnologie gefördert wird. „Das ist allerdings in vielen Städten und Gemeinden noch nicht angekommen“, sagte Duin und appellierte: „Kommunen und Gewerbetreibende müssen sich mit den Technologien, den Förderprogrammen und den Anbietern auseinandersetzen.“ Hierfür biete das Land fundierte Beratung an. Der Minister erklärte, Ziel sei es, bis 2018 eine weitgehend flächendeckende Versorgung mit schnellem Internet zu gewährleisten.

Die Vollversammlung und der Minister waren einer Meinung, dass ein leistungsfähiger Einzelhandel für die Attraktivität der Innenstädte von entscheidender Bedeutung ist. Einigkeit herrschte auch bei der Debatte um eine gemeinsame Tourismusförderung am Niederrhein. „Kleinteiliges Denken führt dabei nicht zum Ziel“, so Duin.

Kontroverser wurde die Diskussion um die Energiepolitik geführt. „Die historisch gewachsene Wirtschaftsstruktur in NRW führt dazu, dass wir von der Energiewende stärker betroffen sind als jede andere Region in Deutschland“, sagte IHK-Vizepräsident Dr. Stefan Dresely. „Die Energieversorgung ist Teil einer langen Wertschöpfungskette mit leistungsfähigen Clustern etwa im Maschinenbau, der Chemie- oder Ernährungsindustrie.“ Werde dieses Element herausgebrochen, sei die Zukunft der Unternehmen bedroht. „Derzeit bekommen wir gegensätzliche Signale von der Landesregierung“, so Dresely. Einerseits spreche sich die Ministerpräsidentin für die Braunkohle aus, andererseits verkleinert die Regierung den Tagebau Garzweiler II. Hier bezog der Wirtschaftsminister jedoch klar Position: „Wer aus der Atomkraft aussteigt, kann nicht gleichzeitig auch aus der Braunkohle aussteigen“, betonte Duin. Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit seien für die Landesregierung im Zuge der Energiewende weiterhin von gleicher Wichtigkeit, wie das Erreichen der Klimaschutzziele. Von entscheidender Bedeutung sei das  neue Strommarkt-Design, das die Energieversorger in die Lage versetzen muss, wirtschaftlich zu produzieren und somit die Grundlage für notwendige Investitionen zu schaffen. Dresely und Duin waren sich einig, dass die Industrie bereits in der Vergangenheit einen großen Beitrag zur  Reduzierung der Treibhausgasemissionen geleistet habe.

Bildtext: Garrelt Duin, Minister für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk des Landes Nordrhein-Westfalen, war zu Gast in der Sitzung der Vollversammlung der IHK Mittlerer Niederrhein.