Entwicklungen im Einzelhandel

Entwicklungen im Einzelhandel
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Stand: 28.11.2017

Themen des Handels werden in vielen Städten und Gemeinden nicht nur kontrovers, sondern häufig auch emotional diskutiert. Die Sonntagsöffnungszeiten sind ein aktuelles Beispiel, und auch die Weihnachtsbeleuchtung sorgt hier und da jährlich für Zündstoff. Vor allem die Kommunalpolitiker müssen sich zu Fragen der Handels- und Stadtentwicklung äußern, Entscheidungen über Ansiedlungen treffen und wichtige Rahmenbedingungen für den Handel schaffen. Deshalb hatte die Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein die Kommunalpolitiker aus Krefeld, Mönchengladbach, dem Rhein-Kreis Neuss und dem Kreis Viersen unter dem Titel „Entwicklungen im Einzelhandel für politische Entscheider“ in das Schaffrath-Wohnkaufhaus in Mönchengladbach eingeladen.

„Die Digitalisierung und der demografische Wandel bringen Veränderungen mit sich, die uns zwingen, den Handel neu zu denken“, erklärte Boris Hedde. Der Geschäftsführer des Instituts für Handelsforschung (IFH) Köln erläuterte zu Beginn des Austauschs, wo der Handel heute steht, mit welchen Herausforderungen er zu tun hat und wie die Lokalpolitik diesen Wandlungsprozess begleiten kann. Nach Erhebungen des IFH gibt es seit 2010 keinen Kannibalisierungseffekt zwischen Onlinehandel und stationärem Handel insgesamt. Während bislang vor allem der Onlinehandel in den Blick genommen wurde, muss man laut Hedde unter Wettbewerbsgesichtspunkten inzwischen ebenso die Nachbarstädte genau bewerten. „Der Wettbewerb im Handel findet maßgeblich zwischen den Standorten statt und eben nicht nur zwischen Vertriebskanälen“, erklärte er. „Gerade für die kleineren Händler wird der Druck immer größer. Wer als Fachhändler den Online-Weg nicht geht, wird es schwerer haben, am Markt zu bestehen.“

Schließlich dominierten in diesem Jahr zum ersten Mal die Multichannel-Händler den Markt. Die Zahl der Kunden, die sich vor ihrem Einkauf online informieren, nimmt zu. Gleichzeitig gibt es immer mehr „selektive Online-Shopper“, die bestimmte Produkte im Internet kaufen, andere Sachen aber im stationären Handel. „Das ist eine gute Nachricht vor allem auch für kleinere Händler“, sagte Hedde. Der Bedarf sei da. Allerdings möchte der Kunde bei seinem stationären Einkauf etwas erleben, seine Ansprüche an den Handel werden größer. Sie reichen von dem Wunsch nach einer großen Auswahl und einer freundlichen sowie kompetenten Beratung über das positive Einkaufserlebnis bis hin zur Möglichkeit, vorab online die Verfügbarkeit prüfen zu können.

Die Entwicklung des Einzelhandels kann nicht losgelöst von den Standorten betrachtet werden. „Früher war der Kunde da, wo der Handel ist. Heute geht der Handel dorthin, wo der Kunde ist“, sagte der Einzelhandelsexperte. Umso notweniger sei es, die Innenstädte attraktiver zu machen. „Ganz wichtig ist es, dass die Kunden kostenlos W-LAN nutzen können. Außerdem wünscht sich fast jeder Zweite, dass Produkte online reserviert und in den Geschäften abgeholt werden können. Deshalb müssen wir die Auffindbarkeit online gewährleisten und den Service bieten, den sich der Kunde wünscht“, betonte er.

Letztlich müsse man alle Kräfte bündeln, um die Standorte attraktiver zu machen und Chancen zu identifizieren – schließlich hätten Verwaltung, Politik und Handel dieselbe Zielgruppe. Wenn man wisse, was der Kunde wolle, habe man einen erfolgsversprechenden Ansatz. Darüber hinaus könne es auch hilfreich sein, zu ergründen, wie zum Beispiel Amazon Prime es geschafft hat, die Loyalität der Kunden zu gewinnen. Dann sei zu überlegen, wie man das auf den stationären Handel übertragen könnte.

In der anschließenden Diskussion zeigte sich, dass in den Kommunen häufig eben nicht alle Kräfte gebündelt werden. „Wir schaffen es nur, wenn wir uns alle um unsere Standorte kümmern und gemeinsam eine Identität schaffen“, erklärte Rainer Höppner, IHK-Vizepräsident und Vorsitzender des IHK-Einzelhandelsausschusses, und wies auf die Aktion „Heimat shoppen“ hin. „Damit stiften wir Identität vor Ort und vermitteln ein Wir-Gefühl.“ Dabei seien auch Politik und Verwaltung gefragt. IHK-Geschäftsführer Andree Haack verwies schließlich auf das Thema Immobilien. Es könne nicht sein, dass die Mietpreise immer weiter steigen. „Dann steht die Stadt bald leer.“ Auch hier müsse die Stadtverwaltung helfen und die Gespräche mit den Immobilienbesitzern suchen.