Mönchengladbacher Wirtschaftsgespräche

Mönchengladbacher Wirtschaftsgespräche
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Stand: 22.11.2017

„Silicon Germany – wie wir die digitale Transformation verschlafen“ Diese etwas provokante Überschrift hatte der Springer-Verlag-Manager Christoph Keese seinem Vortrag vorangestellt. Rund 400 Gäste waren zu den Mönchengladbacher Wirtschaftsgesprächen gekommen, um im Hugo Junkers Hangar den Vortrag des Digitalisierungsexperten zu hören. Dazu hatten die Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein, die Wirtschaftsförderung Mönchengladbach GmbH (WFMG), die Rheinische Post und die Stadtsparkasse Mönchengladbach in den Hugo Junkers Hangar eingeladen.

Beim Begrüßungstalk stimmte IHK-Präsident Elmar te Neues das Publikum auf das Thema ein: „Die Unternehmen müssen ans schnelle Internet angeschlossen werden, um vom Megatrend Digitalisierung auch profitieren zu können.“ Die Kommunen seien gefragt, den Ausbau des Glasfasernetzes anzustoßen und zu begleiten. Oberbürgermeister Hans Wilhelm Reiners stimmte dem zu und versicherte, dass in vielen Bereichen der Ausbau der Breitbandversorgung vorangetrieben werde. „So sind wir auf dem Weg, in den Innenstädten von Rheydt und Mönchengladbach kostenloses W-Lan einzurichten.“

Der Hauptredner des Abends teilte die Auffassung, dass die notwendige Glasfaserinfrastruktur von essenzieller Bedeutung dafür sei, dass die Digitalisierung in Deutschland zu einer Erfolgs-Story werde. Für Keese ist aber ein allgemeines Umdenken in der Gesellschaft mindestens genauso wichtig. Er nannte als Beispiel die in Deutschland übliche Abrechnung des Wasserverbrauchs auf der Basis von Schätzungen: „Das ist im Zeitalter der Digitalisierung ein Anachronismus, wir haben die Technologien, um den Verbrauch zu messen und via Internet zu übertragen.“

Keese prophezeite, dass eine ganze Reihe von Geschäftsmodellen verzichtbar werde, weil sie von sogenannten disruptiven Technologien und Geschäftsmodellen vollständig verdrängt würden. Am Beispiel der Musikindustrie beschrieb er den Unterschied zwischen Innovation und Disruption: Der Wechsel von der Schallplatte zur CD war zwar innovativ, aber die Tonträgerproduzenten und Händler gab es weiterhin. Der Sprung von der CD zu Streaming-Diensten wie Spotify dagegen war disruptiv. Denn in diesem Modell haben CD-Presswerke und Geschäfte endgültig ausgedient.

„Typisch für Disruptoren ist: Sie erzielen mit wenig Kapital hohe Margen“, erklärte Keese. Beispielsweise besitze Uber, weltgrößter Fahrdienstleistungsanbieter, gar keine eigenen Fahrzeuge. Solche großen Plattformen erfüllten den „tieferen Kundenwunsch“: „Nervereien erkennen und Nervereien abbauen – darauf errichten die Plattformen ihre Imperien.“

Keese machte dem Publikum Mut, die Herausforderungen anzunehmen: „Wir müssen beim Thema Digitalisierung mitspielen, es bietet so viele Chancen.“ In der anschließenden Gesprächsrunde mit dem Publikum, moderiert von Handelsblatt-Herausgeber Gabor Steingart, wurde Keese danach gefragt, wie hierzulande auf die Herausforderungen reagiert werden sollte: „Die Versorgung mit Glasfaser durch private Investoren muss vorangetrieben werden, wir brauchen Raum für Gründer, etwa in Form von Co-Working Spaces, und wir benötigen mehr Wagniskapital, um mehr gute Geschäftsideen voranzutreiben.“

Bildext: Der Digitalisierungsexperte Christoph Keese sprach bei den Mönchengladbacher Wirtschaftsgesprächen.