Wohin des Weges, Europa?

Wohin des Weges, Europa?
© IHK Mittlerer Niederrhein

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Stand: 15.05.2018

Brexit oder Aufbruch – Wohin des Weges, Europa? Unter diesem Titel hatten die Industrie- und Handelskammer Mittlerer Niederrhein (IHK) und der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) Unternehmer der Region zur „DIHK-Roadshow: EU – Wozu?“ eingeladen. „Aus Sicht der Wirtschaft ist die Union ein Erfolgsprojekt“, sagte IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz zur Begrüßung in der IHK in Krefeld. „Insbesondere die Unternehmen am Mittleren Niederrhein, die jeden zweiten Euro im Außenhandel verdienen, profitieren enorm vom europäischen Binnenmarkt ohne Grenzen.“

Elmar Brok, Mitglied des Europäischen Parlaments und Hauptredner der Veranstaltung, pflichtete Steinmetz bei, betonte aber auch, dass die EU vor großen Herausforderungen steht: „Angesichts von Terror, Migration und zunehmenden internationalen Konflikten und Kriegen flüchten sich die Menschen ins Nationale. Das ist der falsche Weg.“ All diese Probleme seien nicht auf nationalstaatlicher, sondern auf europäischer Ebene zu lösen. Brok plädierte für eine Vertiefung der europäischen Union. Die europäische Wirtschafts- und Währungsunion müsse krisenfest gemacht werden, forderte der EU-Parlamentarier: „Wir brauchen einen Fonds, um frühzeitig auf Krisen reagieren zu können.“

Die Deutschen seien keinesfalls die Zahlmeister der EU, betonte Brok: „In den vergangenen drei Jahren haben wir jährlich 13 Milliarden Euro netto eingezahlt, das entspricht etwa einem Prozent unseres Bruttoinlandsprodukts oder einem Drittel unseres Verteidigungshaushalts. Gleichzeitig haben wir einen Exportüberschuss von 180 Milliarden Euro beim Handel mit unseren EU-Partnern erzielt.“ Deutschland zahle im Verhältnis zu seinem Bruttoinlandsprodukt keinen Cent mehr als andere Länder, erklärte Brok. „Die Mitgliedschaft in der EU ist für uns das beste Geschäft unserer Geschichte.“

Für die Briten werde der Austritt aus der EU dagegen teuer, prophezeite Brok. Die Frage, wie der Status Nordirlands geregelt werde, sei dabei die schwierigste Frage. Mit Blick auf den US-Präsidenten, der Europa mit Strafzöllen drohe, empfahl Brok mehr europäische Solidarität: „Die USA müssen spüren, dass Europa mit einer Stimme spricht.“

In der anschließenden von Dr. Günter Lambertz, DIHK-Büroleiter in Brüssel, moderierten Diskussion warnte IHK-Vizepräsident Dr. Erich Bröker in der derzeitigen Situation vor einer Haftungsgemeinschaft und davor, das Budget-Recht der Mitgliedsstaaten anzugreifen: „Das birgt Sprengstoff und würde die Gemeinschaft noch weiter spalten.“ Bröker empfahl, sich zunächst darauf zu konzentrieren, naheliegende Probleme wie zum Beispiel die Sicherung der Außengrenzen gemeinsam zu lösen. Auch sollte die EU entgegen aktueller protektionistischer Entwicklungen entschlossen für den Freihandel eintreten.

In diesem Zusammenhang plädierte Nora Hesse von der Vertretung der EU-Kommission in Deutschland dafür, sich vom Denken in Netto-Zahler- und Netto-Empfänger-Schemata zu verabschieden. Vom besserem Grenzschutz an den Außengrenzen profitierten schließlich alle Mitgliedsstaaten.

Vincent Muller, Generalkonsul Frankreichs, wünschte sich mehr europäische Souveränität und plädierte für ein starkes Europa: „Wenn die europäischen Strukturen nicht in der Lage sind, die aktuellen Probleme zu lösen, dann brauchen wir neue Strukturen und Werkzeuge.“


Bildtext: Mit Blick auf mögliche US-Strafzölle, empfahl der Europaparlamentarier Elmar Brok mehr europäische Solidarität: „Die USA müssen spüren, dass Europa mit einer Stimme spricht.“        
Foto: IHK