„Mehr Bürokratie belastet den Mittelstand zusätzlich“

„Mehr Bürokratie belastet den Mittelstand zusätzlich“
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Stand: 07.12.2020

Die Vollversammlung der Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein hat sich zum geplanten Lieferkettengesetz positioniert. „Dem Gesetzentwurf nach sollen Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern gewährleisten, dass bei der Produktion der von ihnen im Ausland beschafften Vorleistungsgüter Menschenrechte und Umweltstandards eingehalten werden“, erläuterte Peer Kesper, Mitglied der Vollversammlung und Vorsitzender des Außenhandelsausschusses der IHK. „Der Entwurf sieht vor, dass Unternehmen ein entsprechendes Risikomanagement verankern, jährlich öffentlich über ihre Lieferketten berichten und unter bestimmten Voraussetzungen bei Verstößen gegen das Gesetz haften.“

Um die Betroffenheit und die Meinung der Unternehmen zu ermitteln, hat die IHK im Oktober international engagierte Mitglieder befragt. „82 Prozent der Umfrageteilnehmer sind der Meinung, dass der Wohlstand nicht auf Kosten von Arbeitern im Ausland erwirtschaftet werden darf“, berichtete Kesper. „Viele Unternehmer setzen sich dafür ein, dass ihre Lieferanten Nachhaltigkeitsstandards erfüllen.“ Gleichzeitig befürchten die befragten Unternehmen neue Haftungsrisiken, mehr bürokratischen Aufwand, Wettbewerbsnachteile und eine Neuausrichtung ihrer Beschaffung.

Die Sorgen der Betriebe kommen in dem Positionspapier zum Ausdruck, dass die IHK nun verabschiedet hat. „Die IHK Mittlerer Niederrhein begrüßt die Bestrebungen, die Menschenrechte weltweit durchzusetzen. Die Einhaltung der Menschenrechte und hohe Umweltstandards sind Ziele, die auch die Wirtschaft verfolgt.“ Als unverhältnismäßig kritisiert die Vollversammlung allerdings, dass deutsche Unternehmen ihre ausländischen Zulieferer lückenlos auf Einhaltung der Standards zu überprüfen haben und bei Verstößen haften beziehungsweis mithaften. „Eine solche Verpflichtung überschätzt die tatsächlichen Kontroll- und Einflussmöglichkeiten der Unternehmen in einer internationalen, oftmals verzweigten Lieferkette.“

Vor dem Hintergrund der hohen Export- und Importabhängigkeit der Wirtschaft am Niederrhein und unter Einbeziehung der Umfrageergebnisse fordert die IHK in ihrem Positionspapier: keine Abwälzung staatlicher Kernaufgaben auf die Unternehmen und keine Haftung der Betriebe für das Handeln anderer. „Besonders die mittelständische Wirtschaft hat aktuell mit vielen Herausforderungen zu kämpfen“, heißt es in dem Papier. Dazu gehöre die Corona-Krise, eine Rezession in wichtigen Absatzmärkten sowie der Brexit. „Auch wenn bisher vorgesehen ist, die Regeln nur auf Unternehmen über 500 Mitarbeiter zu beziehen, ist zu befürchten, dass die gesetzlichen Anforderungen an kleinere und mittlere Lieferanten weitergegeben werden.“ Für Firmen mit mehreren Kunden und aus verschiedenen Branchen multipliziere sich der Aufwand. Die so indirekt geschaffene Bürokratie führe zu einer weiteren Belastung.