Der Einzelhandel ist gefährdet

Der Einzelhandel ist gefährdet
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Stand: 10.12.2020

Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein hat auf den Lockdown-Vorschlag von Armin Laschet reagiert und sich mit einem Schreiben an den NRW-Ministerpräsidenten gewandt. Laschet hatte unter anderem vorgeschlagen, vom 27. Dezember bis zum 10. Januar den Einzelhandel bis auf Geschäfte, die lebensnotwendige Waren wie Lebensmittel verkaufen, zu schließen. „Der Schutz der Gesundheit hat sicherlich Priorität“, betont IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz. „Auch die Wirtschaft am Mittleren Niederrhein hat ein großes Interesse an sinkenden Infektionszahlen. Allerdings sollten die Maßnahmen dort ansetzen, wo sich die Menschen anstecken.“ Zudem fordert die IHK für diejenigen Branchen, die derzeit geschlossen sind, einen mittelfristigen Fahrplan, wann und in welcher Form wieder mit Erleichterungen zu rechnen ist.

Die IHK befürchtet, dass für viele innerstädtische Einzelhändler ein neuerlicher Lockdown existenzbedrohend wäre. „Die Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr ist Teil des Weihnachtsgeschäfts und generell eine umsatzstarke Zeit für den Einzelhandel“, so der IHK-Hauptgeschäftsführer. Für viele Einzelhändler ist diese Zeit von besonderer Bedeutung. „Schließlich werden aus den Umsätzen im November und Dezember normalerweise Liquiditätspolster gebildet“, erläutert Steinmetz. In diesem Jahr ist dies bereits jetzt schon kaum möglich. Bereits seit Beginn des Teil-Lockdowns Anfang November hat der Einzelhandel mit einer gesunkenen Passantenfrequenz in den Innenstädten zu kämpfen. „Der Blick auf die Einzelhandelsumsatzstatistik von IT.NRW, die steigende Gesamtumsätze ausweist, reicht zu einer vollständigen Beurteilung der Lage nicht aus“, so Steinmetz.

Die Statistik zeigt, dass weiter konsumiert wird, aber eben vor allem bei Einrichtungshäusern, Baumärkten, Fahrradhändlern und im Online-Handel. „In den innenstadtrelevanten Sparten ist die Lage sehr schlecht. Das hat unsere Blitzumfrage von Mitte November gezeigt“, so Steinmetz. Die umsatzstarke Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr, in denen die Frequenz auch ohne gastronomische Angebote auf einem normalen Niveau liegen könnte, wäre für diese Händler ein Hoffnungsschimmer.

Steinmetz befürchtet irreparable Schäden für die Innenstädte am Niederrhein, wenn es zu Schließungen von Handelsbetrieben kommt. „Wenn wir nach der Corona-Pandemie weiterhin Innenstädte mit Aufenthaltsqualität haben möchten, reichen die bisherigen Überbrückungshilfen nicht aus“, betont Steinmetz. „Dann müssen die Kompensationszahlungen deutlich ausgeweitet werden – sowohl hinsichtlich der Antragskriterien als auch hinsichtlich der bereitgestellten Summen.“

Gleichzeitig verweist Steinmetz in seinem Schreiben aber auch darauf, dass auch die Wirtschaft ein Interesse an niedrigen Infektionszahlen hat. „Wir sind jetzt zum ersten Mal in einer Situation, in der sich das Infektionsgeschehen in Deutschland im Vergleich zu anderen großen europäischen Ländern ungünstiger entwickelt. Das erhöht die Gefahr, dass andere Länder die Grenzen zu uns schließen“, so Steinmetz, der darauf verweist, dass die Industrie derzeit wieder aufholt, weil die Lieferketten eben nicht zusammengebrochen sind wie im Frühjahr. „Die Infektionsschutzmaßnahmen müssen dort ansetzen, wo sich die Leute anstecken. Es gibt keine Evidenz, dass dies im Einzelhandel tatsächlich der Fall wäre. Ansonsten wäre der Krankenstand in dieser Branche auch deutlich höher“, sagt Steinmetz.

Mit Blick auf die weiteren geschlossenen Betriebe fordert die IHK einen mittelfristigen Öffnungsfahrplan. „Die Gastronomie, die Touristiker, die Kultur-, Kreativ- und Freizeitwirtschaft, müssen wissen, wann sie unter welchen Umständen wieder öffnen dürfen“, so Steinmetz. „Die Unternehmen brauchen eine Perspektive.“