IHK-Konjunkturbericht: Die Lage ist so schlecht wie 2009

IHK-Konjunkturbericht: Die Lage ist so schlecht wie 2009
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Stand: 24.06.2020

Durch die Corona-Pandemie hat sich die Geschäftslage der Unternehmen in der Region schlagartig deutlich verschlechtert. Die Erwartungen sind pessimistisch, die Beschäftigungspläne deuten auf einen spürbaren Personalabbau hin, und Investitionspläne werden vielfach zusammengestrichen. Das sind die wesentlichen Ergebnisse einer aktuellen Konjunkturumfrage der Industrie- und Handelskammern Düsseldorf und Mittlerer Niederrhein. Knapp 800 Betriebe mit rund 75.000 Beschäftigten haben von Anfang bis Mitte Juni an der Umfrage teilgenommen. „Der Einbruch ist zurzeit mit der Wirtschaftskrise 2009 vergleichbar“, erklärt Jürgen Steinmetz, Hauptgeschäftsführer der IHK Mittlerer Niederrhein. In Krefeld ist die Lage ebenfalls schlecht, aber nicht ganz so dramatisch wie in der Gesamtregion.

Konkret melden derzeit in Krefeld nur noch 22 Prozent der Betriebe eine gute Geschäftslage, 44 Prozent bezeichnen ihre Situation als schlecht. Der Lageindikator – die Differenz des Anteils der „gut“- und der „schlecht“-Antworten – liegt mit einem Minus von 22 Punkten etwas oberhalb des Schnitts der Region, die auf einen Wert von minus 27 Punkten kommt – das ist so schlecht wie zuletzt im Spätsommer 2009. „Die Erwartungen der Krefelder Betriebe sind ebenfalls pessimistisch“, so Steinmetz. Nur 15 Prozent rechnen mit einer Verbesserung der Geschäfte in den kommenden zwölf Monaten, aber 42 Prozent mit einer weiteren Verschlechterung. „Wie tiefgreifend und anhaltend die Wirtschaftskrise ist, lässt sich zurzeit noch nicht abschätzen“, erklärt Steinmetz. „Auch ob der Tiefpunkt bereits erreicht ist, lässt sich momentan noch nicht sagen.“ Sorgen bereitet dem IHK-Hauptgeschäftsführer, dass die Lagebewertung der Großunternehmen in der Region mit mehr als 500 Mitarbeitern noch deutlich schlechter ist als in der Gesamtwirtschaft. In dieser Größenklasse liegt der Geschäftslagesaldo sogar bei minus 59 Punkten.

Insbesondere der Export leidet momentan. „Der Industrie sind die Aufträge aus dem Ausland weggebrochen“, analysiert Steinmetz. „75 Prozent der exportorientierten Industriebetriebe berichten über einen Rückgang der Bestellungen aus dem Ausland.“ Zudem sehen zwei Drittel der Exportwirtschaft in der Auslandsnachfrage ein wesentliches Geschäftsrisiko. Insbesondere in wichtigen Schwellenländern (zum Beispiel Brasilien und Indien) sowie in den Vereinigten Staaten beeinflusst die Pandemie das Wirtschaftsgeschehen massiv. Das hat Konsequenzen für die Industrie, aber auch für den Großhandel in der Region. „Viele Staaten haben mit Abschottung auf die Krise reagiert. Das ist Gift für eine globalisierte Wirtschaft, die auf ihre internationalen Lieferketten angewiesen ist“, so Steinmetz. Bereits kurz nach dem Ausbruch der Pandemie in China – bevor das Virus überhaupt Europa erreicht hatte – litten bereits Unternehmen unter gestörten Lieferketten. Das Problem ist nach wie vor nicht gelöst. „Mehr als jeder fünfte Industriebetrieb in der Region ist aufgrund von Einschränkungen bei Lieferanten in der Produktion weiter gehemmt“, so Steinmetz. „Diese Faktoren führen dazu, dass die Kapazitätsauslastung der Industrie mit nur etwas mehr als 70 Prozent auf dem niedrigsten von uns je gemessenen Wert liegt.“ Die geringe Kapazitätsauslastung führt dazu, dass Investitionen massiv zusammengestrichen werden.

Neben der Industrie ist auch die Geschäftslage im Handel eingebrochen.   Insbesondere die stationären Einzelhändler, von denen die meisten ihre Geschäfte fast fünf Wochen schließen mussten, melden einen Einbruch der Geschäftslage. „Die Stimmung im Einzelhandel ist so schlecht wie im Jahr 2004. Damals hatte Deutschland ein massives Problem auf dem Arbeitsmarkt“, erklärt Gregor Berghausen, Hauptgeschäftsführer der IHK Düsseldorf. Nur Bau- und Gartenmärkte sowie Lebensmittelhändler erfreuten sich einer ungebrochenen Nachfrage. Die Großhändler können sich der schlechten Lage ihrer Kunden ebenfalls nicht entziehen. „Sowohl der industrie- als auch der konsumnahe Großhandel melden einen Einbruch der Geschäftslage und pessimistische Erwartungen“, so Berghausen.

In den unternehmensbezogenen Dienstleistungsbranchen ist der Geschäftslagesaldo ebenfalls negativ, aber mit einem Wert von minus 21 Punkten etwas günstiger als in der Gesamtwirtschaft. „Allerdings sind ihre Erwartungen deutlich schlechter, da sie größtenteils auf die nun stockenden Aufträge aus dem Unternehmenssektor angewiesen sind. Das deutet darauf hin, dass die Dienstleister die Talsohle noch nicht erreicht haben“, so Berghausen.

Einzig bei der Bauwirtschaft ist die Geschäftslage weiterhin im positiven Bereich. „Fraglich ist allerdings, ob und inwieweit es der Baubranche gelingt, sich auch längerfristig dem allgemeinen Abwärtstrend zu entziehen“, so Berghausen.

Die schlechte Geschäftslage der Wirtschaft und ihre negativen Perspektiven haben natürlich Konsequenzen für den Arbeitsmarkt. Knapp ein Drittel der Krefelder Betriebe rechnet mit einer Reduzierung der Mitarbeiterzahlen in den kommenden zwölf Monaten, nur jeder achte möchte Beschäftigung aufbauen, in der Region ist das Verhältnis noch etwas ungünstiger. „Im Vergleich zu vorherigen Wirtschaftskrisen zeigt sich allerdings, dass mehr Unternehmen ihren Mitarbeiterstamm halten möchten. Das Instrument der Kurzarbeit hat darauf einen großen Einfluss“, so Steinmetz. In den vergangenen Konjunkturberichten hatten die beiden Industrie- und Handelskammern immer darauf hingewiesen, dass der Fachkräftemangel für die Betriebe in der Region das wesentliche Geschäftsrisiko darstellt. „Zuletzt hatte dies stabil 40 bis 50 Prozent der Betriebe berichtet –  jetzt liegt der Anteil nur noch bei 20 Prozent“, so Steinmetz.

Wann und wie stark der wirtschaftliche Aufschwung wieder einsetzt, hängt neben dem Verlauf der Pandemie auch davon ab, wie schnell Konsumenten und Unternehmen wieder mit Zuversicht in die Zukunft blicken. Das Konjunkturpaket kann dazu einen wichtigen Beitrag leisten, wenngleich trotz seines beträchtlichen Umfangs keine Wunder zu erwarten sind. „Eine Rückkehr zum Vorkrisenniveau noch in diesem Jahr erscheint unrealistisch“, so Steinmetz. Dieses Szenario erwartet nur gut ein Drittel der Betriebe. Der größte Teil der Befragten geht davon aus, dass sich die Wirtschaft erst später merklich erholt. Immerhin hoffen rund 33 Prozent darauf für das Jahr 2021. Zehn Prozent der Unternehmen glauben, dass das Vorkrisenniveau erst nach 2021 erreicht wird.

Trotz aller besorgniserregenden Zahlen wirbt der IHK-Hauptgeschäftsführer abschließend für Zuversicht: „Wir sind auch aus der vergangenen Finanzkrise gestärkt hervorgekommen. Dass dies auch jetzt gelingt, hängt auch von politischen Entscheidungen ab. Der erste Schritt dafür ist getan, denn die Bundesregierung setzt beim Konjunkturpaket auch auf Zukunftsinvestitionen.“