Steuererhöhungen wirken krisenverschärfend

Steuererhöhungen wirken krisenverschärfend
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Stand: 11.11.2020

Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein hat sich in einer Stellungnahme an Bürgermeister Marc Venten und an die Fraktionsvorsitzenden im Korschenbroicher Stadtrat kritisch zu den geplanten Steuererhöhungen in Korschenbroich geäußert. Die Stadtverwaltung hatte in der vergangenen Woche den Haushaltsplan für das Jahr 2021 in den Stadtrat eingebracht und Steuererhöhungen bei der Grund- und Gewerbesteuer vorgeschlagen. IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz warnt vor diesem Schritt. „Die Gewerbesteuer wirkt in einer Rezession krisenverschärfend. Das schadet der Standortqualität.“ Die IHK wünscht sich eine aufwandsseitige Konsolidierung des Haushalts und weist in ihrer Stellungnahme auf die Steigerung der Personalaufwendungen hin.

Die Stadtverwaltung hatte dem Rat vorgeschlagen, den Gewerbesteuerhebesatz um 10 Punkte (von 450 auf 460 Punkte) und den Grundsteuerhebesatz um 60 Punkte (von 590 auf 650 Punkte) zu erhöhen. Die IHK warnt in der jetzigen Wirtschaftskrise vor allem vor einer Erhöhung der Gewerbesteuer. Zum einen: Durch die Ausgestaltung der Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer kann es sein, dass sogar Unternehmen Gewerbesteuern zahlen müssen, die keinen betrieblichen Gewinn haben. „Mit einer Erhöhung des Hebesatzes um 10 Punkte wird dies für die betroffenen Korschenbroicher Unternehmen leider noch gravierender“, sagt der IHK-Hauptgeschäftsführer. Zum anderen: Die Unternehmen, die noch Gewinne erwirtschaften, werden durch eine Steuererhöhung in ihren Möglichkeiten gebremst, zu investieren. „Auf die Investitionen dieser Unternehmen wird es aber ankommen, wenn wir die Wirtschaftskrise überwinden wollen“, erklärt Steinmetz.

Auch aus standortpolitischen Gründen sieht die IHK die Steuererhöhung kritisch. „Korschenbroich ist kein steuerstarker Standort“, sagt Steinmetz. Abzulesen ist dies an der Gewerbesteueraufbringungskraft, die im Jahr 2019 nach Daten von IT.NRW bei 386 Euro pro Einwohner lag. Die Kommunen im Rhein-Kreis Neuss (im Schnitt 788 Euro), im Regierungsbezirk Düsseldorf (im Schnitt 830 Euro) und auch in NRW (im Schnitt 711 Euro) kommen auf deutlich höhere Werte. „Die Gewerbesteuerkraft steigert man aber nicht durch höhere Steuersätze. Sie wird durch eine bessere Standortqualität erhöht, damit sich neue Unternehmen ansiedeln – dazu gehören die Bereitstellung von Gewerbeflächen und wettbewerbsfähige Steuersätze.“ Eine Erhöhung des Gewerbesteuerhebesatzes würde die Standortqualität aus IHK-Sicht dagegen verringern. Die geplante Steigerung des Grundsteuerhebesatzes sei ebenfalls eine Hypothek für den Standortwettbewerb.

Auch für die kommenden Jahre empfiehlt Steinmetz einen Strategiewechsel bei der Haushaltspolitik. Nach der letzten Wirtschaftskrise 2009 wurde das Vorkrisenniveau beim Gewerbesteueraufkommen in Nordrhein-Westfalen erst nach fünf Jahren wieder erreicht. Die IHK befürchtet, dass die Gewerbesteuer daher in den kommenden Jahren nicht die Ergebnisse erzielt, die die Korschenbroicher Haushaltspolitiker sich erhoffen. „Wenn zukünftige Haushaltslöcher in Korschenbroich wieder durch Steuererhöhungen gefüllt werden sollen, die Gewerbesteuer aber selbst verantwortlich für die Haushaltslöcher ist, ist dies ein kaum zu lösender Zielkonflikt“, so der IHK-Hauptgeschäftsführer. Weitere Konsolidierungsbeiträge seien daher primär über die Aufwandseite zu erzielen. Die IHK stellt diesbezüglich insbesondere den Stellenaufbau in Frage. Von 2020 auf 2021 wurde die Zahl der Vollzeitäquivalente um 5 Prozent erhöht. „Das ist nicht nur damit zu erklären, dass durch die Pandemie Aufgaben entstanden sind, für die mehr Personal benötigt wird“, sagt Steinmetz. Die Personalaufwendungen insgesamt steigen um 8 Prozent. „Gleichzeitig werden Steuern erhöht. Da gibt es Klärungsbedarf“, betont Steinmetz.