IHK legt Positionspapier zur Gesundheitswirtschaft vor

IHK legt Positionspapier zur Gesundheitswirtschaft vor
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Stand: 15.12.2021

Jeder sechste Erwerbstätige am Mittleren Niederrhein arbeitet in der Gesundheitswirtschaft. Die Branche erzeugt mehr als 10 Prozent der Wertschöpfung in der Region. Um diesen wichtigen Wirtschaftszweig zu stärken und die Interessen der Unternehmen gegenüber der Politik deutlich zu formulieren, hat die Vollversammlung der Industrie- und Handelskammer Mittlerer Niederrhein auf Vorschlag des IHK-Ausschusses für Gesundheitswirtschaft ein gesundheitspolitisches Positionspapier verabschiedet. „Es geht vor allem darum, die Chancen des digitalen Wandels zu nutzen“, erklärte der Ausschuss-Vorsitzende Dr. Dieter Welsink, Geschäftsführer der medicoreha Dr. Welsink GmbH, in der Vollversammlung. Die Digitalisierung biete ein enormes Potenzial. Um es voll auszuschöpfen, müsse die Branche aber in einigen Bereichen dereguliert werden, so Welsink. Neben ihren Positionen zur Digitalisierung hat die IHK in dem Papier ihre Vorstellungen zur Innovationsförderung, zur Bekämpfung des Fachkräftemangels und zur Förderung des Betrieblichen Gesundheitsmanagements formuliert.

„Die Gesundheitswirtschaft ist aufgrund der Pandemie derzeit außerordentlich belastet. Wir möchten mit dem Positionspapier noch einmal einen wichtigen Impuls für die Branche und ihre Beschäftigten setzen und wünschen uns vor allem weniger Regulierung“, so Welsink. Beispielsweise fordert die IHK Erleichterungen bei der systematischen Auswertung von Daten aus Routineuntersuchungen. Big-Data-Initiativen sollten gefördert werden. „Gesundheitsdaten der Versicherten sollten von der Versorgungsforschung pseudonymisiert ausgewertet werden können“, fordert Welsink. „Das Interesse einer zukünftig besseren Versorgung aller Bürgerinnen und Bürger, der Gesundheitsschutz, sollte in diesem Fall Vorrang vor dem Datenschutz haben.“

Eine weitere große Herausforderung für die Branche ist der Fachkräftemangel. Laut IHK-Konjunkturbarometer Rheinland ist der Mangel an qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern das Geschäftsrisiko Nr. 1 für die Unternehmen der Gesundheitswirtschaft. „Die digitale Kompetenz der Beschäftigten ist in diesem Zusammenhang ein entscheidender Faktor für die Zukunft“, betont Welsink. „Gesundheitsberufe und Tätigkeitsfelder in der Branche sollten weiterentwickelt und um digitale Inhalte ergänzt werden, um den Aufbau einer digitalen Kompetenz zu gewährleisten. Digitalisierung muss mehr als bisher Bestandteil der Lehrpläne werden.“

Die Entwicklung des Biontech-Impfstoffes hat im vergangenen Jahr eindrucksvoll gezeigt, über welche Kompetenzen Deutschland in der Gesundheitsforschung verfügt. Dennoch herrscht nach Ansicht der IHK auch im Forschungsbereich Handlungsbedarf. Die Innovationsoffenheit kommt an vielen Stellen zu kurz: Langwierige, bürokratische und kaum praktikable Zulassungs- und Erstattungsverfahren sowie die Vielzahl an beteiligten Akteuren und Institutionen führen oft dazu, dass selbst Innovationen der Unternehmen, die sich im Rahmen von Modellvorhaben bewährt haben, nicht in die Regelversorgung gelangen. „So kann etwa das Potenzial digitaler Anwendungen und Innovationen aufgrund der Rahmenbedingungen in Deutschland und Europa noch nicht vollständig ausgeschöpft werden“, erläutert Welsink. „Rahmenbedingungen für die Unternehmen sollten so gestaltet sein, dass eine standortnahe Produktion möglich ist, etwa indem schnelle und rechtssichere Plan- und Genehmigungsverfahren sichergestellt und Vorgaben für Ausschreibungen zur Arzneimittelversorgung geprüft werden.“

Auch auf das Thema Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) geht das IHK-Positionspapier ein. Für die Unternehmen am Mittleren Niederrhein ist das Betriebliche Gesundheitsmanagement aufgrund der demografischen Entwicklung und dem sich immer weiter verstärkenden Fachkräftemangel von großer Bedeutung. Die Corona-Pandemie hat jedoch dazu geführt, dass Ressourcen, die für das BGM bereitgestellt wurden, vielfach anderweitig verwendet wurden. „Es braucht einen neuen Impuls für BGM. Hier sehen wir in der Entbürokratisierung ein gutes Instrument“, erklärt Welsink.

In der Region möchte der Ausschussvorsitzende den Status-Quo bei der Gesundheitsversorgung mindestens erhalten. „Es geht auch darum, die Branche noch besser zu vernetzen. Darüber hinaus denke ich, dass die industrielle Gesundheitswirtschaft für das ein oder andere Gewerbegebiet in unserer Region prädestiniert wäre“, so Welsink. Aus Sicht des Ausschussvorsitzenden ist es daher sinnvoll, dass die Kommunen beim Standortmarketing auch diese Betriebe im Blick zu haben.