Kleinunternehmen: Rund 20 Prozent denken an Aufgabe

Kleinunternehmen: Rund 20 Prozent denken an Aufgabe
© photopixel / Adobe Stock

Diese Meldung stammt aus dem Archiv und ist möglicherweise nicht mehr aktuell.

Stand: 12.01.2021

Kleingewerbetreibende und Solo-Selbstständige sind vor allem in Krefeld, Mönchengladbach, im Rhein-Kreis Neuss und im Kreis Viersen von den Auswirkungen der Corona-Pandemie überdurchschnittlich stark betroffen. Das verdeutlichen Ergebnisse einer Umfrage, die die Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein im Dezember und Januar durchgeführt hat. „Der Großteil unserer Mitgliedsunternehmen sind Kleingewerbetreibende, diese Firmen stehen jetzt ganz besonders unter Druck“, sagt IHK-Präsident Elmar te Neues. „Sie leisten einen wesentlichen Beitrag für unsere Wirtschaftskraft am Mittleren Niederrhein.“ Der IHK-Präsident appelliert, die besondere Situation der Kleingewerbetreibenden bei der Ausgestaltung staatlicher Hilfen stärker zu berücksichtigen. An der Befragung haben rund 350 Kleingewerbetreibende und Solo-Selbstständige teilgenommen. Kleingewerbetreibende sind Unternehmer, die nicht im Handelsregister eingetragen sind. Im Bezirk der IHK Mittlerer Niederrhein sind dies knapp 48.000, also zwei Drittel aller Mitglieder.

Zum Jahresbeginn meldet ein Großteil der Kleingewerbetreibenden und Solo-Selbstständigen eine schlechte Geschäftslage (40 Prozent). Nur ein Viertel bewertet die eigene Lage als gut, ein Drittel als befriedigend. Auch der Blick in die Zukunft ist weniger optimistisch: 45 Prozent rechnen damit, dass ihre Lage im Jahr 2021 ähnlich bleibt wie 2020, 36 Prozent glauben sogar an eine weitere Verschlechterung. Nur 20 Prozent gehen von einer besseren Geschäftslage in 2021 aus.

„Die Lage der Kleingewerbetreibenden ist damit deutlich schlechter als die Lage der Gesamtwirtschaft, wie wir sie Ende November analysiert haben“, so te Neues. Auch die Umsatzzahlen zeigen, dass die Restriktionen im vergangenen Jahr besonders die kleinen Firmen schwer getroffen haben. Fast 70 Prozent der Befragten haben im Vergleich zu 2019 Umsatzverluste erlitten. Bei rund 20 Prozent war der Umsatzrückgang größer als 50 Prozent. Bei der Gesamtwirtschaft am Mittleren Niederrhein lag dieser Wert im November bei rund 10 Prozent. Umsatzsteigerungen verzeichnen nur 13 Prozent der befragten Kleinunternehmen.

Viele Kleingewerbetreibende sind im Einzelhandel, Gastgewerbe oder in der Reise- beziehungsweise Veranstaltungsbranche tätig. Bei 45 Prozent der Befragten sind temporäre Geschäftsschließungen aus Infektionsschutzgründen die Ursache der Umsatzeinbrüche. Rund ein Viertel der Befragten ist außerdem vom ausgefallenen Veranstaltungsgeschäft betroffen. 12 Prozent der Unternehmen sind von der schwer getroffenen Reise- und Touristikbranche abhängig. Mehr als die Hälfte der Befragten ist von der insgesamt verringerten Nachfrage betroffen. Die Umsatzeinbrüche schlagen sich auch in der Finanzlage der Unternehmen nieder. 55 Prozent der Kleingewerbetreibenden und Solo-Selbstständigen griffen im vergangenen Jahr auf Rücklagen zurück. Bei rund einem Drittel kam es dennoch zu Liquiditätsengpässen, bei 9 Prozent droht sogar eine Insolvenz.

Die kleinen Unternehmen reagieren unterschiedlich auf die Krise. Fast die Hälfte der Befragten verschiebt oder streicht geplante Investitionen, ein Drittel sucht noch vorhandene Einsparpotenziale. Jeweils ein Viertel baut die Digitalisierung des Unternehmens und die Online-Präsenz aus. Rund 28 Prozent der Befragten, die Mitarbeiter beschäftigen, kündigten einen Personalabbau an. Ein Viertel der Befragten begegnet der Krise mit einer Umstellung des Geschäftskonzepts.

„Inzwischen haben viele Kleinunternehmen der Krise nichts mehr entgegenzusetzen“, betont te Neues. „Im Vergleich zu Großunternehmen sind die Mittel der Kleinen, eine solche Ausnahmesituation dauerhaft zu bewältigen, begrenzt.“ Fielen von wenigen Mitarbeitern nur zwei aus – beispielsweise durch die erschwerte Kinderbetreuungssituation – verteile sich die verbleibende Arbeit auf deutlich weniger Schultern. Zudem sei in klassischen Branchen des Kleingewerbes wie dem Einzelhandel oder dem Gastgewerbe Homeoffice kaum praktikabel.

So denken bereits rund 20 Prozent der Befragten darüber nach, ihr Gewerbe aufzugeben. Im schlimmsten Fall bedeutet dies: Rund 10.000 Kleingewerbetreibende im gesamten IHK-Bezirk schließen.
Die Bewertung der staatlichen Hilfen in dieser Situation fällt bei den Kleingewerbetreibenden insgesamt gemischt aus: 43 Prozent der Befragten empfinden die bisherigen staatlichen Unterstützungsmaßnahmen als hilfreich. 57 Prozent beurteilen das nicht so. „Da sehen wir noch einen großen Handlungsbedarf“, so te Neues. 66 Prozent der Befragten halten die Verwendungsmöglichkeiten vieler staatlicher Hilfen für zu restriktiv, jeweils ein Drittel kritisiert außerdem begrenzte Zugangsvoraussetzungen und einen zu geringen Hilfsumfang. Einige Unternehmer bemängeln auch die Informationspolitik bei den Soforthilfen im Frühjahr und Sommer 2020.

„Passgenauere Hilfen sind dringend nötig“, fordert te Neues. Es gebe bereits verschiedene Hilfsprogramme, diese müssen jedoch auch die besonderen Kostenstrukturen von Kleinunternehmern und Solo-Selbstständigen mehr als bisher berücksichtigen. „Nach wie vor sind die Überbrückungshilfen auf die Erstattungen von Fixkosten ausgerichtet – Kosten, die es bei vielen Kleinunternehmern nur in geringem Maße gibt.“ Zusätzlich würden – nach vielen Änderungen der letzte Stand – nur ungedeckte Fixkosten zu einem Teil durch die Hilfen abgedeckt. „Damit sind die Möglichkeiten, von der eigenen Arbeit den Lebensunterhalt bestreiten zu können, enorm eingeschränkt“, erklärt te Neues. „Wir haben uns als IHK bereits mehrfach dafür stark gemacht, den Lohn des Unternehmers stärker zu berücksichtigen.“ Mit der in der Überbrückungshilfe III veranschlagten Neustarthilfe konnte die IHK-Organisation schon eine Verbesserung erzielen. „Aber die Gelder müssen auch schnell und unbürokratisch beantragt werden können und fließen“, so der IHK-Präsident. 32 Prozent der Kleingewerbetreibenden klagen über akute Liquiditätsprobleme.

Ein weiteres Problem sei die Intransparenz der Rückzahlungsregelungen.  „Seit Beginn der Krise werden an den Hilfsprogrammen immer wieder nachträgliche Änderungen an wichtigen Details vorgenommen. Das darf so nicht weitergehen. Die Unternehmer brauchen Klarheit“, sagt te Neues. In größeren Einheiten können nachträgliche Änderungen immer abgefedert werden. Bei Kleinunternehmen geht dies auf Kosten der persönlichen Liquidität des Selbstständigen.

Der IHK-Präsident erklärt: „Am meisten treibt mich um, dass für 40 Prozent der Kleingewerbetreibenden, die die Aufgabe des Betriebs ins Auge fassen, die persönliche Risikominimierung der Grund ist. Die Gründerkultur am Wirtschaftsstandort Deutschland ist im Vergleich zu anderen Industrienationen bereits schwach ausgeprägt. Wir müssen alles dafür tun, dass die wirtschaftlichen Auswirkungen der Krise dies nicht noch weiter befeuern.“