Nachhaltige Mobilität in bestehenden Gewerbegebieten

Nachhaltige Mobilität in bestehenden Gewerbegebieten
© j-mel / Adobe Stock

Die Qualität der Verkehrsanbindung ist für Unternehmen oftmals der entscheidende Standortfaktor. Dies betrifft sowohl Kundenverkehre und die Anbindung von Lieferanten mit schweren LKW als auch im Besonderen die Erreichbarkeit durch die Mitarbeitenden. Dabei spielt das Auto in puncto Erreichbarkeit vor allem bei gewachsenen Gewerbegebieten heute oftmals noch die dominierende Rolle.

Zudem wird das Thema Nachhaltigkeit auch für Unternehmen immer wichtiger. Sowohl im ökologischen, im ökonomischen als auch im sozialen Bereich eröffnen sich den Betrieben  weitreichende Möglichkeiten, ihre Ausrichtung zu modernisieren und vermehrt nachhaltige Kriterien in den Fokus zu rücken. Bienenhotels, Wildwiesen, Dachbegrünungen und die Nutzung regenerativer Energien sind bereits bekannte und sichtbare Beispiele für die klimafreundliche und nachhaltige Orientierung vieler Unternehmen. 

Das Themenfeld der Mobilität stellt eine weitere besonders bedeutende und effektive Stellschraube dar, die das Potenzial bietet, den Individualverkehr in verschiedenen Bereichen – egal, ob Warenverkehr, Logistik oder Pendlermobilität – deutlich zu reduzieren. Angesichts stetig steigender Kosten für Individualmobilität, der zunehmenden Verkehrsbelastung und des größeren Bewusstseins für die Auswirkungen auf Klima, Umwelt und Gesundheit rückt auch bei den Unternehmen und Mitarbeitenden gleichermaßen vermehrt das Thema Nachhaltigkeit in den Fokus.

Neue Möglichkeiten wie Pedelecs, Lastenfahrräder, attraktive ÖPNV-Tickets, Carsharing und On-Demand Systeme erweitern dabei das nachhaltige Angebotsspektrum kontinuierlich. Im Folgenden finden Sie konkrete Handlungsempfehlungen und Tipps, die die nachhaltige Mobilität in bestehenden Gewerbegebieten verbessern können.

 

 

Zusammen gedacht – zusammen gemacht! 

Das Betriebliche Mobilitätsmanagement bietet die ideale Möglichkeit, die Mobilität in einem Unternehmen, sei es die der Mitarbeitenden vor, während und nach der Arbeit sowie auch der Lieferverkehre, unter die Lupe zu nehmen und zu optimieren.

Worauf es hierbei ankommt, das haben wir unter anderem auf dieser Webseite für Sie  zusammengefasst. Dabei gilt: Natürlich muss nicht jedes Unternehmen für sich denken. Im Gegenteil: Im Bereich der Mobilität lassen sich viele Ziele im Verbund – beispielsweise quartiersbezogen in Gewerbegebieten – viel besser und effektiver erreichen.    

Das gewerbegebietsbezogene Mobilitätsmanagement greift diesen Ansatz auf, indem es sich mit den Wegen unterschiedlicher Betriebe eines Gebietes beschäftigt. Der erweiterte Handlungsspielraum kann im Verbund umfassender ausgeschöpft werden, da die ortsansässigen Unternehmen die gleichen infrastrukturellen Rahmenbedingungen nutzen und sich somit Maßnahmen im Bereich Mobilität und Verkehr auf alle Unternehmen positiv auswirken können. Kommunen können hier als Kooperationspartner agieren.

 

 

ÖPNV einbinden und stärker nutzen 

Gewerbegebiete im ländlichen Raum oder in der Peripherie der Städte sind oftmals schwach – wenn überhaupt – an den ÖPNV angebunden. Dies ist ein klarer Standortnachteil, insbesondere bei der Akquirierung von Mitarbeitenden. Für Bewerberinnen und Bewerber ohne Führerschein und Auto kommen betroffene Unternehmen meist gar nicht infrage. Insbesondere Auszubildende zu finden, ist ohne leistungsfähigen ÖPNV-Anschluss ein reelles Problem. Doch ÖPNV-Anbindungen von Gewerbegebieten sind oftmals nicht rentabel. Fördermittel (siehe folgender Punkt) oder alternative Ansätze wie Fahrgemeinschaften oder On-Demand-Systeme können je nach Situation vor Ort Lösungen bieten.   

Oberzentren stehen besonders in der Pflicht, ÖPNV-Systeme so zu gestalten, dass insbesondere die Pendler des Umlandes „abgeholt“ werden und damit ihr motorisiertes Individualfahrzeug nicht notwendig für den Weg zur Arbeit nutzen müssen. Dies gelingt nur, wenn das Angebot im ÖPNV attraktiv ist: mit schnellen Direktverbindungen beziehungsweise aufeinander abgestimmten und getakteten Verbindungen.

Auch die Vertriebswege der Tickets und die Tarifsysteme sollten nutzerfreundlich sein. Einheitliche Buchungsplattformen fördern die Attraktivität. In Regionen mit hoher Nachfrage ist darüber hinaus die Angebotserweiterung sowohl innerstädtisch als auch zum Umland anzustreben – Gewerbegebiete eingeschlossen. Dies gilt auch für Umsteigepunkte zwischen PKW und ÖPNV/SPNV.

Deutschland-Ticket als Jobticket

Ein Anreiz ist die Nutzung des Deutschland-Tickets als Jobticket. Egal, ob für die gesamte Pendlerstrecke oder einen Teilabschnitt – das ÖPNV-Ticket kann einen finanziellen Anreiz für den Umstieg auf Bus und Bahn bieten. 

Bei Zahlung eines Zuschusses von mindestens 25 Prozent durch den Arbeitgeber können Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter das Deutschland-Ticket Job durch den gesetzlich beschlossenen Rabattsatz von 5 Prozent zum Preis von maximal 34,30 Euro monatlich im Abo erwerben. Dabei ist das Abo monatlich kündbar. Da auch die private Nutzung des Tickets im Preis enthalten ist, können Unternehmen Ihren Mitarbeitenden so ein attraktives Angebot machen.

Genauere Informationen zum Deutschland-Ticket als Jobticket sowie auch die direkten Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner bei den für Sie relevanten Stadtwerken gibt es auch auf unserer Webseite. 

  

 

Förderprogramme im Blick haben 

z.B. ways2work vom Land NRW

Dass Förderprogramme, die gleich mehreren Unternehmen zugute kommen, Synergien schaffen und ganze Standorte aufwerten können, hat auch das Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr NRW erkannt. Seit 2023 wird dort der Wettbewerb ways2work durchgeführt.

Der Wettbewerb fördert Gemeinschaftsprojekte und unterstützt bei der Planung und Umsetzung von Mobilstationen, Fahrradwegen, ÖPNV und Co.. Dabei liegt die Förderquote bei bis zu 80 Prozent.

Teilnehmen können alle Städte, Kreise und Gemeinden sowie Unternehmen in Nordrhein-Westfalen. Der Wettbewerb richtet sich ebenfalls an kommunale Zweckverbände und die im ÖPNVG NRW aufgeführten SPNV-Aufgabenträger.

Gefragt sind dabei Modellvorhaben, die den Arbeitsweg im Blick haben und vor Ort zu konkreten Verbesserungen führen sollen. Verbesserungen liegen vor allem dann vor, wenn mit dem Modellvorhaben ein Beitrag zu einer nachhaltigen Mobilitätsentwicklung vor Ort verbunden ist. Die Modellvorhaben müssen einen eindeutigen Bezug zur Pendlermobilität aufweisen und im besten Fall auch einen positiven Einfluss auf die private Mobilität der Arbeitnehmenden haben.

Voraussetzung für die Teilnahme am Wettbewerb ist eine Kooperation zwischen mindestens einer Kommune (Gemeinde, Stadt, Kreis) und mindestens einem Betrieb/Unternehmen. Kooperationen zwischen Kommunen und einer größeren Anzahl an Betrieben/Unternehmen sind möglich und ausdrücklich erwünscht.

Alle Informationen zum Wettbewerb ways2work gibt es unter: www.ways2work.nrw 

 

 

Ab aufs Rad

Laut der Studie „Mobilität in Deutschland“ (2018 im Auftrag des BMVI) sind 35 Prozent aller Arbeitswege und sogar 48 Prozent aller Dienstwege unter fünf Kilometern. Aus dieser Distanz ergeben sich – in Verbindung mit neuen Innovationen im Fahrradbereich – Chancen, den Anteil des Fahhrrads am Modal Split deutlich zu stärken. E-Bikes und Pedelecs schützen zwar nicht vor Regen und Kälte, erleichtern aber zweifelsohne die Wahl des Rads als gängiges Verkehrsmittel. Unternehmen und Gebietskörperschaften haben hier natürlich die Möglichkeit, zu unterstützen. 

Radleasing – Möglichkeit für Unternehmen 

Fahrräder, insbesondere hochwertige E-Bikes, können ziemlich kostspielig sein. Bei der Anschaffung können Unternehmen ihre Mitarbeitenden unterstützen. Über ein Leasingmodell stellen Unternehmen, gleich welcher Größe, Diensträder in Form der Nutzungsüberlassung zur Verfügung. Die Zahlung erfolgt per Gehaltsumwandlung über die Abrechnung des Lohns, wobei eine monatliche Rate vom Bruttogehalt abgezogen wird. Eine Vielzahl mittlerweile etablierter Anbieter am Markt bieten dabei eine breite Auswahl. Ein echter Anreiz für den Umstieg aufs Rad und zugleich eine tolle Möglichkeit der Fachkräftemotivation und -bindung. 

Fahrradstellplätze

Neben den Rädern müssen äquivalent zumeist auch die Fahrrad-Abstellanlagen in Unternehmen aufgewertet werden. Wer sein Rad sicher und trocken abstellen und vielleicht sogar noch elektrisch aufladen kann, wird es in jedem Fall entspannter zur Arbeit nehmen. Last but not least werden auch Duschmöglichkeiten dem einem oder der anderen den Umstieg aufs Rad erleichtern.       

Einbindung in das Radwegenetz – Handlungsauftrag an die Gebietskörperschaften

Das hochwertigste Rad nutzt wenig, wenn die Anbindung eines Gewerbegebietes an das örtliche und überörtliche Radwegenetz nicht vorhanden oder nur mangelhaft umgesetzt ist.

Zur besseren Erreichbarkeit der Arbeitsplätze in den Unternehmen sollte in diesem Zusammenhang die Anbindung der Gewerbegebiete verbessert werden. Einer Umsetzung sollte eine Einarbeitung in das kommunale Verkehrsmodell mit Auswirkungsanalyse für die übrigen Verkehrsmittel vorangehen. Auch Erfahrungen aus anderen europäischen Metropolen beim Radwegeausbau sollten berücksichtigt werden.

 

 

Elektromobilität fördern

Das Auto wird auch künftig bei der Erreichbarkeit der Gewerbegebiete und Unternehmen eine wichtige Rolle spielen – vor allem, je peripherer ein Gebiet hinsichtlich Lage und ÖPNV-Anbindung liegt. Mit der Elektrifizierung des Fuhrparks können Unternehmen einen wichtigen Beitrag zur klimafreundlichen Mobilitätswende beitragen.

Amortisierung höherer Anschaffungskosten

E-Fahrzeuge sind in der Regel in der Anschaffung teurer als vergleichbare Fahrzeuge mit  konventionellem Antrieb. Durch geringere Betriebs- und Unterhaltungskosten während der Nutzungsdauer können sich diese jedoch relativieren.

Geeignete Ladeinfrastruktur als Voraussetzung

Neben Ladestationen, die Ihre Fahrzeugflotte mit dem notwendigen Strom versorgen, sollten Sie für E-Autos entsprechende Parkmöglichkeiten während des Aufladens bieten. Für Sie als Unternehmen gibt es beim Aufbau Ihrer Ladeinfrastruktur die Möglichkeit, entweder unternehmenseigene oder öffentliche Ladestationen zu nutzen. Eine Mischform aus beiden Varianten ist ebenfalls möglich.

Unternehmenseigene und öffentliche Ladestationen

  • Als Unternehmen haben Sie die Möglichkeit, ihre eigene Ladestation auf dem Betriebsgelände zu installieren, die von Mitarbeiter- und Dienstfahrzeugen genutzt werden kann. Hierfür könnte optional auch ein Entgelt für den Ladevorgang erhoben werden. Der klare Vorteil besteht in der dauerhaften Verfügbarkeit der betriebseigenen Ladestation.
  • Alternativ dazu steht die Nutzung öffentlicher Ladestationen, was insbesondere in gut ausgestatteten Ballungszentren sinnvoll sein kann. Hierbei profitieren Sie von geringen Anschaffungskosten, müssen jedoch beachten, dass die dauerhafte Verfügbarkeit nicht garantiert ist.

Ladestationen als Mischform (interessant für Gewerbegebiete)

  • Als Mischform – beispielsweise in Form eines Mobilitäts-Hubs – können Ladestationen ebenfalls für unterschiedliche Unternehmen innerhalb eines Gewerbegebietes angeschafft werden, die eine gemeinschaftliche Nutzung vorsehen.  

  

 

Mobilitätsstationen

Mobilitätsstationen oder -Hubs in oder in direkter Verbindung zu Gewerbegebieten können ein wichtiger Baustein für die Mobilitätswende sein. Der zentrale Vorteil: Unternehmen müssen Angebote nicht einzeln entwickeln, umsetzen und nachhalten. Viele Angebote können auch zentral, platz- und ressourcenschonend über eine Mobilitätsstation abgewickelt werden. Dabei geht es hier nicht nur um ein zentrales Parkhaus – die Ideen und Möglichkeiten eines Hubs sollten deutlich weiter gedacht und entwickelt werden.

Beim Aufbau von Mobilstationen kommt der Kommune eine Schlüsselrolle zu, wenn es um die Planung, Realisierung und Vernetzung von modernen Mobilitätsangeboten geht. Eine Einbindung in den ÖPNV ist in jedem Fall ein wichtiger Mehrwert, hierbei kümmern sich Verkehrsunternehmen und -verbünde um die Entwicklung und Umsetzung.

Mögliche Funktionen eines Mobilitäts-Hubs

  • Umsteigemöglichkeit und Vernetzung zwischen verschiedenen Verkehrsmitteln
  • Sichere (gebündelte) Parkmöglichkeit für PKW, E-Bikes, Lastenräder etc.
  • Parkmöglichkeiten, die gebündelt Lademöglichkeiten für Elektrofahrzeuge bieten 
  • Carsharing: Das bestehende ÖPNV-​Angebot kann durch ein Carsharing-​Angebot sinnvoll ergänzt werden. Die Hubs dienen dabei als zentrale Anlaufstelle.
  • Automatische Radverleihsysteme
  • E-​Tretroller-Sharing: Elektrische Tretroller können zukünftig vor allem an städtischen Standorten eine tragende Rolle beim Zurücklegen der ersten und letzten Meile übernehmen. Mobilstationen bieten feste Punkte, um Vandalismus und der unkontrollierten Streuung der Fahrzeuge entgegenzuwirken.
  • Taxistand: Das Taxi kann vor allem auf vor- oder nachgelagerten Wegen hilfreich sein und sichert die Erreichbarkeit von Gebieten mit schlechter ÖPNV-​Erschließung auch für Personen ohne eigenen Führerschein.
  • Packstation für Pakete: Zur Reduzierung des Lieferverkehrs

  

 

Manchmal sind es die kleinen Dinge

z.B. Fahrgemeinschaften

68 Prozent der Pendler nutzen das Auto auf dem Weg zur Arbeit: Und fast alle davon fahren alleine. In dieser Tatsache steckt ein riesiges Optimierungspotenzial, das sich mit vergleichsweise geringen Mitteln – Kommunikation und Abstimmung – heben lässt.

Hier kann jedes Unternehmen für sich agieren oder auch im Verbund eines Gewerbegebietes aktiv sein und Anreize für die Mitarbeitenden setzen: Beispiel gefällig? Wer nicht alleine im Auto zur Arbeit kommt, erhält die besten Parkplätze.