Stellungnahme zum Haushalt der Stadt Neuss

Stellungnahme zum Haushalt der Stadt Neuss
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Stand: 22.11.2016

Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein fordert die Stadt Neuss auf, in der Haushaltspolitik wieder stärker auf Sparmaßnahmen zu setzen. Dies ist ein Aspekt der Stellungnahme der IHK zum Neusser Haushalt. „Zunächst sollte ein Konzept zur Konsolidierung des Personalaufwands erarbeitet werden, das Raum für eine nachhaltige Personalentwicklung lässt“, erklärt Prof. Dr. Harald Schoelen von der Hochschule Niederrhein, den die IHK mit der Analyse des Haushalts beauftragt hatte.

Die Stadt Neuss ist eine steuerstarke Stadt. Nach Daten von IT.NRW war unter den Großstädten in NRW im Jahr 2015 die Gewerbesteueraufbringungskraft je Einwohner nur in der Landeshauptstadt Düsseldorf höher als in Neuss. Dank dieser Einnahmen liegt die Steuereinnahmekraft insgesamt mit 1.740 Euro je Einwohner knapp 50 Prozent über dem NRW-Durchschnitt mit 1.174 Euro. „Diese Zahlen zeigen, dass Neuss keineswegs ein Problem auf der Einnahmenseite hat“, erklärt IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz. „Das Problem sind die Ausgaben.“

Trotz der hohen Einnahmen weist der Haushaltsplan für das kommende Jahr 2017 ein Minus von mehr als 26 Mio. Euro auf. Und dabei handelt es sich aus Sicht der IHK nicht um eine Momentaufnahme, sondern um ein strukturelles Problem. „Bis zum Jahr 2020 fährt die Stadt laut der mittelfristigen Finanzplanung weitere negative Jahresergebnisse im zweistelligen Millionenbereich ein“, betont Steinmetz.

Dabei ist ein ausgeglichener Haushalt für die Unternehmen der Stadt Neuss von großer Bedeutung. „Schließlich konnten wir in den Jahren 2010 bis 2012 sehen, welche Folgen negative Jahresergebnisse haben“, erklärt IHK-Vizepräsident Dr. Michael Werhahn. Seinerzeit hat der Neusser Stadtrat Steuererhöhungen beschlossen. Die Grundsteuer stieg in zwei Etappen von 425 auf 495 Punkte, die Gewerbesteuer von 445 auf 455 Punkte. „Dies hat die Standortqualität geschwächt“, sagt Werhahn. „Wir können vor weiteren Steuererhöhungen, die bereits in den Medien diskutiert wurden, nur warnen.“ Die IHK weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass ein bedeutendes Neusser Unternehmen bereits plant, einen Teil des Betriebs in die steuergünstige Stadt Monheim zu verlegen. „Dies zeigt, dass Unternehmen die Wahl ihres Standortes auch von den kommunalen Steuersätzen abhängig machen – und gegebenenfalls abwandern“, erklärt Steinmetz.

Aus Sicht des Finanzwissenschaftlers Schoelen sollten Politik und Verwaltung insbesondere auf der Seite der Aufwendungen anfangen, Konsolidierungspotenzial zu identifizieren. „Die Stadt verfügt über eine sehr ertragsstarke Wirtschaft. Besonders hierin wird ihre deutlich über dem Landesdurchschnitt liegende Steuerkraft begründet. Es gelingt ihr aber nicht, die Aufwendungen dauerhaft zu begrenzen.“ Ohne erneute Sondererträge in zweistelliger Millionenhöhe sei der Optimismus des Bürgermeisters, in vier Jahren eine schwarze Null aufweisen zu können, nicht zu teilen. Daher fordert Schoelen, dass die Stadt insbesondere die Personalaufwendungen bei den Konsolidierungsmaßnahmen in den Fokus nimmt. „Allerdings muss dazu schon heute Aufgabenkritik betrieben werden“, sagt der Gutachter.

Positiv beurteilen sowohl die IHK als auch ihr Gutachter den Einsatz des „AK Konsolidierung“. Dieses Ratsgremium soll systematisch Konsolidierungsmaßnahmen identifizieren, die für alle Fraktionen realistisch sind. „Dieses Gremium sollte aus unserer Sicht jedoch nicht dazu instrumentalisiert werden, Steuer- und Gebührenerhöhungen auf die Agenda zu bringen“, erklärt Steinmetz. Der IHK-Hauptgeschäftsführer berichtet von guten Erfahrungen eines solchen Gremiums in anderen Städten des Niederrheins. „In Viersen zum Beispiel hat sich ein solcher Arbeitskreis etabliert und mit dafür gesorgt, dass sich die finanzielle Lage der Stadt erheblich verbessert. Die Mitglieder setzen übrigens vorwiegend auf der Ausgabenseite an. Ein derartig gutes Miteinander stelle ich mir auch für Neuss vor“, erklärt Steinmetz.