IHK stellt Standortanalyse Tönisvorst vor

IHK stellt Standortanalyse Tönisvorst vor
© IHK Mittlerer Niederrhein

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Stand: 30.11.2017

Am Standort Tönisvorst ist die Beschäftigtenzahl in den vergangenen Jahren überdurchschnittlich stark gestiegen. Die Unternehmer sehen allerdings -in der Breitbandinfrastruktur und den Standortkosten Schwächen des Standorts. Das zeigt eine Analyse der Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein, der sowohl eine Auswertung amtlicher Daten als auch die Ergebnisse einer Umfrage bei Tönisvorster Unternehmen zugrunde liegen. „Die Bewertung der Unternehmen ist lediglich zufriedenstellend. Daher sollte die Stadt weiter an den Rahmenbedingungen für die Wirtschaft arbeiten“, erklärte IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz. Die Analyse wurde vor etwa 80 Gästen beim Tönisvorster Unternehmen fleur ami GmbH vorgestellt.

Zunächst erläuterte Gregor Werkle, Referent für Wirtschaftspolitik bei der IHK Mittlerer Niederrhein, die Kernergebnisse, die sich aus der Analyse der amtlichen Daten ergaben. „Ein Blick auf die Grobstrukturen des Wirtschaftsstandorts Tönisvorst zeigt, dass der Standort sehr ähnliche Wirtschaftsstrukturen wie das Land NRW hat“, sagte Werkle. Überdurchschnittlich vertreten ist der Bereich Handel.“ 18,4 Prozent der Beschäftigten arbeiten in Branchen aus diesem Bereich (inkl. Instandhaltung und Reparatur von Kfz) beschäftigt. In Nordrhein-Westfalen liegt der entsprechende Anteil bei 14,5 Prozent.

Im zweiten Teil der Analyse hat die IHK die Stadt Tönisvorst anhand von neun volkswirtschaftlichen Indikatoren mit dem Landesschnitt sowie mit einigen Städten ähnlicher Größe (unter anderem Neukirchen-Vluyn, Wülfrath, Nettetal und Erkrath) verglichen. Dieser interkommunale Vergleich zeigt, dass Tönisvorst ein Standort mit Stärken und Schwächen ist. „Die Kaufkraft ist hoch, die Arbeitslosigkeit befindet sich auf einem niedrigen Niveau und ist in den vergangenen Jahren merklich zurückgegangen, die Beschäftigung ist angestiegen“, erklärte Werkle. Aber: Die Steuereinnahmekraft ist auf einem unterdurchschnittlichen Niveau. Zudem hat der Standort einen hohen Gewerbesteuerhebesatz.

Als Herzstück der Analyse bezeichnet die IHK die Resultate der Unternehmensumfrage, die der IHK-Hauptgeschäftsführer vorstellte. 100 Tönisvorster Unternehmen mit insgesamt 1.400 Beschäftigten haben sich an der Umfrage beteiligt. „Das ist ein repräsentatives Ergebnis“, erklärte Steinmetz. Verglichen werden konnten die Tönisvorster Ergebnisse mit einer IHK-Umfrage aus dem Jahr 2007 in Tönisvorst sowie mit Standortanalysen aus anderen Kommunen, die die IHK in den vergangenen Jahren erarbeitet hat. „Die Tönisvorster Betriebe bewerten ihren Standort nur zufriedenstellend“, sagte der Hauptgeschäftsführer. Auf einer Vierer-Skala erhält der Standort Tönisvorst die Durchschnittsnote 2,33 – 0,15 Punkte schlechter als der Schnitt der Standorte, die in den vergangenen Jahren beobachtet wurden. „Problematisch ist, dass alle fünf Themengebiete, also die harten Standortfaktoren, die kommunalen Kosten und Leistungen, die Beratungsfaktoren, Arbeitsmarktfaktoren und die Qualität der Innenstädte, in Tönisvorst kritischer bewertet werden“, so Steinmetz.

Auffällig ist die Bewertung der Informations- und Kommunikationsinfrastruktur. Für die Betriebe ist dies der wichtigste Standortfaktor, und die Unternehmen sind wenig zufrieden. Sie sind weniger zufrieden als die Betriebe der anderen analysierten Standorte im Schnitt. Auch im Zeitverlauf hat sich die Bewertung des Standortfaktors deutlich verschlechtert. Dies ist allerdings auch auf die erhöhten Anforderungen zurückzuführen. „Es ist gut, dass die Stadt versucht, die Lage zu verbessern“, sagte Steinmetz. Hier sei aber maximale Anstrengung notwendig. Zwei Drittel der Tönisvorster Betriebe erklärten, dass sie in den kommenden drei Jahren in jedem Fall eine schnellere Verbindung benötigen.

Daneben stehen die Standortkosten im Fokus der Unternehmen. Mit 475 Punkten hat Tönisvorst einen hohen Gewerbesteuerhebesatz – den höchsten aller kreisangehörigen Kommunen am Mittleren Niederrhein. Die Unternehmen, für die dieser Standortfaktor der zweitbedeutendste ist, sind damit sehr unzufrieden. Die Bewertung fällt deutlich kritischer als an den anderen analysierten Standorten aus. „Das ist eine Hypothek im Standortwettbewerb“, erklärte der IHK-Hauptgeschäftsführer. Doch die IHK-Standortanalyse zeigt auch positive Aspekte des Standorts: Die überörtliche Verkehrsanbindung wird gemeinhin gelobt, und die Lernqualität in den allgemeinbildenden Schulen erhält eine überdurchschnittlich gute Bewertung.

In der anschließenden Diskussion mit Steinmetz und den Unternehmern Andreas Böhm (BZ Bildungszentrum GmbH), Adil Colakoglu (AS-KA Qualitätsprodukte e.K.) und Marco Hübecker (fleur ami GmbH) verteidigte Bürgermeister Thomas Goßen die hohen Steuersätze: „Wenn wir in Zeiten des Fachkräftemangels attraktiv für junge Familien sein wollen, dann müssen wir auch in unsere Bildungseinrichtungen investieren – das kostet Geld.“ Gleichzeitig müssten aber auch die Unternehmen wachsen können, sagte Colakoglu. „Es müssen ausreichend Gewerbeflächen zur Verfügung stehen.“ Goßen erinnerte an restriktive Wasserschutzvorschriften in Tönisvorst, die das Aus für so manche Investition – beispielsweise eine vielfach gewünschte Baumarktansiedlung – bedeutet haben. Der IHK-Hauptgeschäftsführer appellierte an die Verwaltung, nach der Aufstellung des neuen Regionalplans im kommenden Jahr alle Möglichkeiten für die Entwicklung neuer Gewerbeflächen zu nutzen.

Hübecker wies darauf hin, dass wichtig eine leistungsfähige Breitbandversorgung für die Unternehmen sehr wichtig ist. Goßen berichtete, dass ein privater Anbieter im Frühjahr in den Tönisvorster Gewerbegebieten Höhenhöfe und Tempelshof mit dem Ausbau der Glasfaserversorgung beginnen wird. Böhm erinnerte daran, wie viele Jahre bereits über den Ausbau debattiert wurde: „Wir Unternehmer wünschen uns von den Kommunen beim Ausbau der Breitbandversorgung mehr Unterstützung.“

Zum Schluss kündigte der IHK-Hauptgeschäftsführer an, die Standortanalyse in fünf Jahren zu wiederholen. „Dann haben wir hoffentlich einen ausgeglichenen Haushalt, mehr verfügbare Gewerbeflächen und bei der Digitalisierung Fortschritte erzielt“, sagte Goßen.

Die Standortanalyse Tönisvorst steht im Internet als Download-Datei zur Verfügung: www.mittlerer-niederrhein.ihk.de/17308

Bildtext: Sie diskutierten die Ergebnisse der Standortanalyse Tönisvorst (v.l.): Andreas Böhm (BZ Bildungszentrum GmbH), Adil Colakoglu (AS-KA Qualitätsprodukte e.K.), Moderatorin Beate Kowollik, Bürgermeister Thomas Goßen, IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz und Marco Hübecker (fleur ami GmbH).