"Grundsteuererhöhung kommt zur Unzeit"

"Grundsteuererhöhung kommt zur Unzeit"
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Stand: 16.11.2023

Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein begrüßt zwar, dass der Hauptausschuss der Stadt Korschenbroich die Grundsteuer auf 690 Punkte und nicht – wie von der Stadtverwaltung vorgeschlagen – auf 750 Punkte erhöhen möchte. Allerdings weist IHK-Hauptgeschäftsführer Steinmetz darauf hin, dass auch der nun zu erwartende Grundsteuerhebesatz ein Spitzenplatz in der Region ist.

In einer Stellungnahme an Bürgermeister Marc Venten hatte die Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein vor der Hauptausschusssitzung von der geplanten Erhöhung der Grundsteuer abgeraten. Die Stadtverwaltung Korschenbroich hatte zunächst vorgesehen, den Hebesatz der Grundsteuer B um 160 Punkte auf 750 Punkte zu erhöhen. „Der Hebesatz der Grundsteuer B ist ein wichtiger Standortfaktor für die Betriebe“, erklärt IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz. „Höhere Realsteuerhebesätze schaden der Attraktivität des Standorts.“

In ihrer Stellungnahme hat die IHK aufgezeigt, dass keine andere Kommune am Mittleren Niederrhein bislang einen Grundsteuerhebesatz von mehr als 625 Punkten hat. Zurzeit gibt es nur in Jüchen ebenfalls Pläne für eine deutliche Erhöhung (auf 695 Punkte). Außerhalb von Nordrhein-Westfalen liegt der durchschnittliche Hebesatz der Grundsteuer B bei Kommunen mit 20.000 bis 50.000 Einwohnern bei 429 Punkten. „Das zeigt, wie stark die Korschenbroicher Betriebe und Bürger im Vergleich zu Bürgern und Betrieben in Kommunen ähnlicher Größe belastet werden sollen“, so Steinmetz. 

Aus Sicht der IHK könnte diese Steuererhöhung nicht unpassender kommen – zu einer Zeit, in der die regionale Konjunktur lahmt, wie der jüngste IHK-Konjunkturbericht zeigt. Die Industrie in der Region befindet sich in der Rezession. Auch bei der Bauwirtschaft, dem Groß- und Einzelhandel sowie in verschiedenen Dienstleistungszweigen wie der Verkehrswirtschaft überwiegen derzeit die pessimistischen Erwartungen. „Eine Steuererhöhung sorgt in dieser schwierigen Phase für weiter steigende Kosten und hat zur Folge, dass die Kaufkraft der Korschenbroicher Bevölkerung, die dem Einzelhandel zugutekommt, weiter sinkt“, so Steinmetz. „Gleichwohl wissen wir, dass auch die Kommunen zurzeit stark belastet sind – etwa durch die Zinserhöhungen, die Inflation, die Tarifsteigerungen und durch Mehraufwendungen aufgrund der verstärkten Zuwanderung von Geflüchteten.“ Allerdings stellt sich aus Sicht der IHK die Frage, ob der Bau einer teuren Außenfläche des Hallenbads derzeit angemessen ist.

In ihrer Stellungnahme macht die IHK auch deutlich, dass die Stadt Korschenbroich neben den beschriebenen Herausforderungen ein Einnahmenproblem hat. Zwar profitiert die Stadt überdurchschnittlich stark von ihrer einkommensstarken Bevölkerung. Allerdings ist Korschenbroich ein gewerbesteuerschwacher Standort. „Die Priorität lag in der Vergangenheit zu vor allem auf der Entwicklung des Wohnstandorts und zu wenig auf der des Wirtschaftsstandorts. „Wir nehmen aber wahr, dass die Verantwortlichen der Stadt Korschenbroich das Thema ,Wirtschaftspolitik‘ in den vergangenen Jahren etwa durch die Stärkung der Wirtschaftsförderung stärker in den Fokus gerückt haben“, so Steinmetz.  

Darauf lässt sich aus IHK-Perspektive aufbauen. „Aus unserer Sicht lässt sich das Problem auf der Einnahmenseite langfristig und nachhaltig nicht durch Steuererhöhungen lösen. Eine Stärkung der Gewerbesteuerbasis durch Neuansiedlungen wäre der nachhaltigste Weg für eine Verbesserung“, so Steinmetz. Deswegen unterstützt die IHK die Stadtverwaltung bei der Realisierung des Gewerbegebiets „Am Hasseldamm“. Dass dieses Projekt ins Stocken geraten ist, liegt nach IHK-Auffassung explizit nicht an der Stadtverwaltung Korschenbroich. Bei vorhandenen Gewerbeflächen wären die Voraussetzungen für steuerstarke Neuansiedlungen laut Steinmetz allerdings gut: „Der Wirtschaftsstandort ist aus Unternehmersicht schließlich insgesamt attraktiv, und bei unserer letzten Standortanalyse haben die Betriebe die Kommunalverwaltung für ihre Leistungen überdurchschnittlich gut bewertet. Die angekündigte Realsteuererhöhung aber würde der Stadt im Standortwettbewerb schaden. Das gilt auch bei einem Hebesatz von 690 Punkten, auch wenn wir begrüßen, dass der Hauptausschuss nun immerhin dafür abgestimmt hat, unter der Grenze von 700 Punkten zu bleiben.“