IHK veröffentlicht Umfrage zu Berufskollegs

IHK veröffentlicht Umfrage zu Berufskollegs
© IHK Mittlerer Niederrhein

Stand: 01.03.2024

Die Unternehmen am Mittleren Niederrhein schätzen die Arbeit der 16 Berufsschulen. Gleichzeitig sehen die Betriebe auch Verbesserungspotenzial – etwa bei der Vermittlung von Kompetenzen im Bereich Digitalisierung und der Praxisnähe der Lehre. Das ist das Ergebnis einer Umfrage der Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein bei rund 250 Ausbildungsunternehmen und knapp 1.000 Auszubildenden, die als Schülerinnen und Schüler die Berufsschulen besuchen. „Die Berufsschulen sind ein wichtiger Partner im Rahmen der dualen Berufsausbildung“, erklärt IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz. „Wir erwarten, dass alle beteiligten Akteure – Schulleitungen, Lehrkräfte, zuständige Schulträger und Politik – dazu beitragen, dass sowohl die Lehrinhalte als auch die Ausstattung zeitgemäß sind.“ Die Ausbildungsunternehmen sowie die Auszubildenden konnten die Schulen auch auf einer Schulnotenskala bewerten. Die Berufsschulen im IHK-Bezirk erhielten von den Unternehmen die Durchschnittsnote 2,66. Die Schülerinnen und Schüler waren kritischer und gaben die Note 3,40.

Viele Aspekte wurden von Auszubildenden wie Betrieben gleichermaßen gut bewertet, beispielsweise die Erreichbarkeit der Schulen. Außerdem räumen die Auszubildenden den Berufskollegs für eine erfolgreiche Berufsausbildung einen hohen Stellenwert ein. Gleichzeitig bewerten die Ausbildungsunternehmen die Berufsschulen heute besser als bei der Vorumfrage vor vier Jahren. „Das ist auch auf die verbesserte Kooperation zwischen Berufsschulen und Unternehmen zurückzuführen – eine Kernforderung der Betriebe, die unsere Umfrage im Jahr 2019/2020 ergeben hatte“, so Steinmetz. „Ich freue mich, dass in diesem Bereich etwas passiert ist.“ Auffällig ist bei der Bewertung der Kommunikation, dass lediglich knapp 30 Prozent die Note „Drei“ gegeben haben. Bei diesem Thema zeigen sich die meisten Ausbildungsunternehmen entweder zufrieden oder unzufrieden, während nur wenige eine neutrale Haltung einnehmen. „Das zeigt: Der Großteil der Schulen und Lehrenden macht es besonders gut, bei anderen gibt es allerdings weiterhin Verbesserungspotenzial“, erläutert Steinmetz. Um die Kooperation zu verbessern, schlägt die IHK einen regelmäßigen persönlichen Austausch zwischen Lehrkräften der Berufsschulen und Ausbildungsverantwortlichen der Unternehmen vor. Dabei können Ausbildungsbedarfe, Anpassungen der Lehrpläne im Rahmen der Möglichkeiten und aktuelle Branchenentwicklungen besprochen werden.

Für Ausbildungsunternehmen, aber auch für die Azubis spielt die Digitalisierung an Berufsschulen eine große Rolle. Dies gilt einerseits für die Digitalisierung als Unterrichtsthema und andererseits für das Lernen mit digitalen Medien. „Leider fällt die Bewertung bei diesem wichtigen Thema eher negativ aus, auch nach der langen Corona-Zeit, in der dies ja erforderlich war und daher nun geübt sein sollte“, bedauert Steinmetz. Die Vermittlung von digitalen Kompetenzen in den Berufsschulen wird von den Unternehmen mit einer Durchschnittsnote 3,14 bewertet. Die Schülerinnen und Schüler sind noch unzufriedener. Der Unterricht zum Thema Digitalisierung wird mit der Note 3,45 bewertet. Auch die Ausstattung mit neuen Lernmedien sowie deren Einsatz, aber auch die digitalen Kompetenzen der Lehrenden werden von den Auszubildenden nur mäßig beurteilt. Deswegen wünschen sich die Ausbildungsunternehmen mehr Investitionen in die IT-Infrastruktur und die Hardware.

Gleiches gilt für die Medienkompetenz der Lehrerinnen und Lehrer. Für 52 Prozent der Unternehmen hat die Investition in qualifizierte Lehrkräfte als Faktor der Berufsschulpolitik in Nordrhein-Westfalen beziehungsweise im Regierungsbezirk höchste Priorität. „Hier sind alle Verantwortlichen in der Pflicht, mehr zu tun“, fordert Steinmetz. „Das Land muss die Rahmenbedingungen schaffen, und in den Schulen selbst muss die Umsetzung erfolgen.“

Noch schlechter sind die Bewertungen des Unterrichts im Themenfeld „Künstliche Intelligenz“ (KI). Hier geben die Auszubildenden nur die Schulnote 4,38. Das ist ein Hinweis darauf, dass dieser Bereich so gut wie gar nicht Einzug in den Berufsschulunterricht gefunden hat. Das Thema KI muss nach Ansicht von IHK-Hauptgeschäftsführer Steinmetz zukünftig in die Lehrpläne übernommen werden. „Wir begrüßen, dass die Ständige Wissenschaftliche Kommission der Kultusministerkonferenz ein Gutachten vorgelegt hat, mit dem sie für die Integration von KI in den schulischen Unterricht wirbt. Schließlich gehört KI bereits heute zum Teil zum Arbeitsalltag, so Steinmetz.

Auch bei der Praxisnähe des Unterrichts sehen die Auszubildenden Verbesserungspotenziale. So passen bei mehr als einem Viertel der Berufsschülerinnen und -schüler die Lehrinhalte nicht zu dem, was die jungen Menschen in den Unternehmen vermittelt bekommen. Die Praxisnähe des Lehrpersonals wird mit der durchschnittlichen Note von 3,94 bewertet. Für 30 Prozent der Unternehmen wäre daher die wichtigste Maßnahme in der Berufsschulpolitik, die Lehrinhalte an die Anforderungen im Betrieb anzupassen. „Praktikums- und Hospitationsmöglichkeiten für Lehrkräfte in Unternehmen könnten ein Mittel sein, um die Praxisnähe des Lehrpersonals zu fördern“, erklärt Steinmetz und appelliert: „Gleichzeitig ist in diesem Punkt auch das Schulministerium in der Pflicht, die Lehrpläne so zu gestalten, dass mehr Praxisnähe hergestellt werden kann.“ Insgesamt hofft der IHK-Hauptgeschäftsführer, dass die Umfrageergebnisse dazu führen, mit allen Verantwortlichen einen konstruktiven Dialog über die Berufsschule der Zukunft zu beginnen. „Das wird gelingen. Ich nehme viele Schulleitende und Verantwortliche als engagierte Mitstreiter für die gemeinsame Sache wahr“, so Steinmetz.

Die Umfrageergebnisse können auf der IHK-Website eingesehen werden: www.mittlerer-niederrhein.ihk.de/22135