Stellungnahme zum Krefelder Haushalt

Stellungnahme zum Krefelder Haushalt
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Stand: 12.04.2024

Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein empfiehlt der Stadt Krefeld, ein freiwilliges Haushaltskonsolidierungskonzept zu erarbeiten. „In dem Konzept sollten die notwendigen Schritte der umfassenden Aufgabenkritik und Haushaltskonsolidierung transparent dargelegt werden“, erklärt IHK-Präsident Elmar te Neues. Gleichzeitig begrüßt die IHK in ihrer Stellungnahme zum Krefelder Haushalt die Stabilität der Steuerhebesätze und die hohen Investitionen in viele für die Wirtschaft bedeutende Bereiche. Die IHK hatte den Finanzwissenschaftler Prof. Dr. Harald Schoelen von der Hochschule Niederrhein mit der Analyse des Krefelder Haushalts für das Jahr 2024 beauftragt.

Die Kommunen müssen zurzeit immense Herausforderungen bewältigen. Durch den Tarifabschluss im öffentlichen Dienst, die bis ins vergangene Jahr hohe Inflation, die Zinserhöhungen und die große Zahl geflüchteter Menschen müssen momentan deutlich höhere Ausgaben geschultert werden. Im Haushalt der Stadt Krefeld führt das zu einem auffällig defizitären Jahresergebnis. Das prognostizierte Minus für das Jahr 2024 und für die Folgejahre liegt bei 26 beziehungsweise 27 Millionen Euro. „Der Haushalt kann nur durch den kombinierten Griff in die Ausgleichsrücklage und die Allgemeine Rücklage sowie durch Ansatz eines jährlichen, 20 Millionen Euro hohen globalen Minderaufwands fiktiv ausgeglichen werden“, erklärt der Finanzwissenschaftler Schoelen. Nach derzeitigem Plan verbraucht die Stadt von 2024 bis einschließlich 2028 durch die Inanspruchnahme der Ausgleichsrücklage und der Allgemeinen Rücklage 18,7 Prozent ihres Eigenkapitals.

Zudem steht der Haushaltsplanentwurf nach Ansicht des Finanzwissenschaftlers auf wackligen Füßen. Prof. Dr. Schoelen nennt in seinem Gutachten mehrere Risiken des aktuellen Haushalts: Die Personalaufwendungen dürften durch den Tarifabschluss für Beamte in den Jahren 2024 und 2025 höher ausfallen. „Zudem ist es illusorisch, dass die Personalaufwendungen ab 2026 jährlich nur noch um ein Prozent steigen werden“, so Schoelen. „Bei den Sozialaufwendungen spiegeln die im Haushalt zugrundeliegenden Ansatzentwicklungen die vom Kämmerer in seiner Haushaltsrede benannten Risiken nicht äquivalent wider.“ Ulrich Cyprian hatte diesbezüglich insbesondere Fallzahlensteigerungen im ambulanten Pflegebereich, Kostensteigerungen bei Pflegedienstleistern, die Auswirkungen des Pflegeunterstützungs- und Entlastungsgesetzes, steigende Bedarfe an Integrationshelfern an Schulen, Aufwendungen für Schutzsuchende sowie die Aufwandsentwicklung in der Hilfe zur Erziehung benannt. Bei den Positionen „Sach- und Dienstleistungsausgaben“ wird die aktuelle Inflation nicht berücksichtigt. Ein weiteres Risiko betrifft die bilanzielle Isolierung von Mehraufwendungen und Mindereinnahmen, die aufgrund der Corona-Pandemie oder des Kriegs in der Ukraine entstanden sind. In den vergangenen Jahren konnten die Kommunen diese Mehraufwendungen und Mindereinnahmen bilanziell isolieren. Es wurde in Krefeld noch nicht entschieden, ob diese Bilanzhilfe in Höhe von 141,7 Millionen Euro in Teilen oder in einer Summe gegen das Eigenkapital ausgebucht oder linear abgeschrieben wird. „Im ersten Fall wird die bislang nur gering belastete Allgemeine Rücklage stärker reduziert, was die Schwelle für ein pflichtiges Haushaltssicherungskonzept weiter absenkt“, so Schoelen.

Die IHK begrüßt, dass in einem ersten Schritt vorhandene und neue Prozesse durch eine intensive verwaltungsweite Aufgabenkritik weiter optimiert werden sollen. „Wir empfehlen darüber hinaus ein freiwilliges Haushaltssicherungskonzept, damit die Stadt finanziell autark bleibt und nicht wieder in die Haushaltssicherung abrutscht“, sagt IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz. Deswegen sollte nach Ansicht der IHK bei den verpflichtenden Aufgaben geprüft werden, ob Standards abgesenkt werden können.

Positiv wertet die IHK, dass der Haushaltsplanentwurf keine Steuererhöhungen vorsieht. „Dies ist ein sehr gutes Signal für die Gewerbetreibenden in diesen schwierigen konjunkturellen Zeiten“, erklärt Steinmetz. Er fordert, weitere Gewerbegebiete zu entwickeln, damit die Ertragsbasis gestärkt wird. „Für eine nachhaltige Stärkung der Einnahmen wird die Entwicklung des Gewerbegebiets Uerdingen Nord II allein nicht ausreichen. Wir erwarten daher trotz der vorhandenen Hürden mehr Engagement von Politik und Verwaltung für das Gewerbegebiet entlang der A 44“, so Steinmetz. Aus Sicht der IHK ist dieses potenzielle Gewerbegebiet äußerst attraktiv und damit für steuerstarke Unternehmen sehr interessant. „Krefelds Steuerkraft ist im Vergleich zum Bundesland weiterhin unterdurchschnittlich. Der Standort ist also auf die Ansiedlung steuerstarker Unternehmen angewiesen“, so Steinmetz.

Die geplante Investitionstätigkeit der Stadt wird von der IHK gelobt – vor allem das Stärkungspaket Innenstadt und die Sanierung von Straßen. „In Zeiten knapper finanzieller Mittel sollten vor allem die Investitionen intensiviert werden, die zu einer Verbesserung der Standortbedingungen führen“, erklärt Steinmetz. Beim IHK-Regionalforum Krefeld im vergangenen Jahr, aber auch bei der IHK-Standortanalyse aus dem Jahr 2022 wurde deutlich, dass die Krefelder Unternehmen mit dem Zustand des innerstädtischen Straßennetzes besonders unzufrieden sind. „Die umfangreiche Investitionstätigkeit Krefelds ist als aktive Standortpolitik mit werthaltigen Impulsen sowohl einer effektiven Wirtschaftsförderung als auch als Beitrag zur Steigerung der Lebensqualität zu würdigen. Es wird aber herausfordernd bleiben, dies in Einklang mit dem Erhalt finanzieller Solidität zu bringen“, so Schoelen.