Willich: IHK rät von höheren Steuern ab

Willich: IHK rät von höheren Steuern ab
© Thomas Reimer / Adobe Stock

Stand: 14.03.2024

Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein warnt in einer Stellungnahme an Bürgermeister Christian Pakusch vor Steuererhöhungen in Willich. Laut der Verwaltungsvorlage für die Ratssitzung am 20. März soll der Gewerbesteuerhebesatz von 434 auf 454 Punkte und der Hebesatz der Grundsteuer B – befristet auf ein Jahr – von 495 auf 595 Punkte erhöht werden. „Für unsere Mitgliedsunternehmen bedeuten diese Schritte deutliche Mehrbelastungen in ohnehin bereits schweren Zeiten“, erklärt IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz. „Wir raten dringend von diesen Erhöhungen ab.“

Dass die finanzielle Situation der Kommunen enorm angespannt ist, ist dem IHK-Hauptgeschäftsführer bewusst. Durch den Tarifabschluss im öffentlichen Dienst, die hohe Inflation, die Zinserhöhungen und die große Zahl Geflüchteter müssen von den Städten und Gemeinden zurzeit wesentlich höhere Ausgaben geschultert werden. Für das Jahr 2024 ist daher mit einer deutlichen Steigerung der Kosten zu rechnen.

In der Stellungnahme reagiert der IHK-Hauptgeschäftsführer auf die Aussage der Verwaltung, dass Willich mit einem Hebesatz von 454 Punkten weiterhin im unteren Bereich der NRW-Kommunen bleibe. „Tatsächlich hatten im vergangenen Jahr 40 Prozent der Kommunen in NRW mit einer Einwohnerzahl zwischen 35.000 und 65.000 einen Gewerbesteuerhebesatz von unter 440 Punkten. Ein Gewerbesteuerhebesatz von 454 Punkten würde Willich also im Mittelfeld der vergleichbaren NRW-Kommunen positionieren, obwohl der Standort bisher zum günstigsten Drittel gehörte“, betont Steinmetz.

Zudem sei der Vergleich innerhalb Nordrhein-Westfalens aus Sicht der IHK zu kurz gedacht. Willich ziehe schließlich auch internationale Unternehmen an, die ihre Ansiedlungsentscheidung deutschlandweit von den günstigsten Standortfaktoren abhängig machen. „NRW ist das Bundesland mit den höchsten Gewerbesteuerhebesätzen. In Bayern hatte im Jahr 2023 keine einzige Kommune mit weniger als 100.000 Einwohnern einen höheren Gewerbesteuerhebesatz als 420 Punkte“, so Steinmetz. Für die Willicher Unternehmen ist der Gewerbesteuerhebesatz nach Untersuchungen der IHK ein sehr wichtiger Standortfaktor. Das zeigt die IHK-Standortanalyse, die Steinmetz und Pakusch im Dezember miteinander diskutiert hatten. „Nur die Informations- und Kommunikationsinfrastruktur und die Verkehrsanbindung an das Straßen- und Autobahnnetz sind für die Unternehmen wichtiger als der Gewerbesteuerhebesatz“, so Steinmetz.

Aus Sicht der IHK liegt das Problem der Stadt Willich nicht auf der Einnahmeseite. Die Steuereinnahmekraft je Einwohner in Willich lag in den Jahren von 2015 bis 2022 sechsmal über dem NRW-Schnitt und stets über dem Durchschnitt der Region Mittlerer Niederrhein. Innerhalb des Kreises Viersen wechselte sich Willich mit der Stadt Kempen bezüglich der Spitzenreiterposition ab. „Das lag auch an den hohen Gewerbesteuerzahlungen der Unternehmen“, erklärt Steinmetz.

Daher begrüßt die IHK, dass die Stadt Willich angesichts der schwierigen Haushaltslage auch auf der Ausgabenseite konsolidieren will. „Hier sollte aber ein noch stärkerer Fokus gesetzt werden, da die Haushaltsprobleme der Stadt Willich auch an dem überdurchschnittlich hohen Ausgabenniveau liegen“, erklärt Steinmetz.

In der Verwaltungsvorlage argumentiert die Stadtverwaltung, dass die Steuererhöhungen für Unternehmen ab dem Jahr 2025 belastungsneutral seien, da die Betriebe durch die NRW-Grundsteuerreform im gleichen Maße entlastet würden. „Das steht als Argument prominent in der Verwaltungsvorlage und ist deswegen ein Entscheidungskriterium für die Ratsmitglieder“, sagt Steinmetz. „Deswegen muss die Verwaltung darlegen, wie hoch der derzeitige Anteil der Gewerbegrundstücke am Grundsteueraufkommen ist, und wie sich dieser Anteil nach der Grundsteuerreform aufgrund der bisher in Willich ausgestellten Grundsteuerbescheide entwickeln wird.“ Diese Daten seien bislang noch nicht öffentlich. Nach Ansicht der IHK werden zwei unterschiedliche Bemessungsgrundlagen miteinander vermischt. „Ob insbesondere die steuerstarken Unternehmen, die durch die Gewerbesteuererhöhung mehr belastet werden, durch die Grundsteuerreform wirklich in gleichem Maße entlastet werden, ist aus unserer Sicht mehr als fraglich. Deswegen ist dieses Argument nicht stichhaltig“, so Steinmetz.

Unabhängig von diesen Berechnungen werden die Belastungen für die Betriebe in Willich im Jahr 2024 steigen. Steinmetz weist in der Stellungnahme auf die schwierige Lage der Wirtschaft hin. Der IHK-Konjunkturbericht zeigt, dass die Betriebe das zweite Rezessionsjahr in Folge erwarten. „Bundesrat und Bundestag beraten derzeit über einen Kompromiss zum Wachstumschancengesetz, das Spielraum für Investitionen geben und die Konjunktur stimulieren soll. Wenn Kommunen in dieser Phase ihrerseits die Steuern erhöhen, werden die positiven Effekte des Gesetzes konterkariert“, betont der IHK-Hauptgeschäftsführer.