Gerichtliches Mahnverfahren

Gerichtliches Mahnverfahren
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Hat jemand einen Anspruch auf Zahlung aus einem Kauf-, Dienst-, Werkvertrag oder einer anderen Verbindlichkeit und bleibt die Zahlung des Schuldners aus, so stellt sich für den Gläubiger die Frage, wie er diesen Anspruch dennoch durchsetzen kann, um an sein Geld zu kommen.

Das Gesetz sieht zwei Möglichkeiten vor, diesen Zahlungsanspruch geltend zu machen:

  1. durch Klageerhebung und streitiges Verfahren vor dem Richter oder
  2. durch Mahnverfahren, welches der Rechtspfleger durchführt.

Das Mahnverfahren, geregelt in den §§ 688 ff. ZPO, ist - im Gegensatz zur Klage - eine einfache, schnelle und kostengünstige Möglichkeit zur Durchsetzung des Zahlungsanspruchs. Ziel ist dabei die Erlangung eines so genannten Mahnbescheids beziehungsweise Vollstreckungsbescheids, mit dessen Hilfe der Gläubiger seinen Anspruch gegen den nicht freiwillig zahlenden Schuldner zwangsweise durchsetzen kann.

Eine schnelle Durchsetzung des Anspruchs im Wege des Mahnverfahrens ist indes nur dann ge­währleistet, wenn der Zahlungsanspruch unstreitig ist, das heißt, der Schuldner gegen den Anspruch nichts einzuwenden hat oder damit zumindest nicht zu rechnen ist. Sind jedoch Einwände des Schuldners gegen den Anspruch zu erwarten, so bietet sich ein Mahnverfahren nicht an: In einem solchen Fall kommt aufgrund eines entsprechenden Widerspruchs des Schuldners gegen den Mahnbescheid doch noch zum Verfahren vor dem Gericht und ein vorher eingeleitetes Mahnverfahren würde dann nur eine unnötige Verzögerung des Klageverfahrens bedeuten.

Zuständigkeit

Für das Mahnverfahren sind unabhängig vom Streitwert ausschließlich die Amtsgerichte zuständig. Der Gläubiger muss sich dabei an das Amtsgericht wenden, an dessen Ort er seinen so genannten allgemeinen Gerichtsstand hat. Im Regelfall ist dies der Wohnsitz einer Person. Einzelheiten regeln die §§ 12 ff. ZPO.

In Nordrhein-Westfalen werden die Mahnverfahren zentral bearbeitet. Für Gläubiger, die ihren allgemeinen Gerichtsstand in den Bezirken der Oberlandesgerichte Hamm oder Düsseldorf haben, ist ausschließlich das Amtsgericht Hagen, Mahnabteilung, 58081 Hagen (Tel.: 02331 967-5), zuständig. Personen mit Gerichtsstand im Bezirk des Oberlandesgerichts Köln müssen sich an das Amtsgericht Euskirchen, Mahnabteilung, 53878 Euskirchen (Tel.: 02251 951-0), wenden.

Geltendmachung nur von Zahlungsansprüchen auf eine bestimmte Geldsumme

Im Mahnverfahren kann nur ein Anspruch geltend gemacht werden, der auf Zahlung einer bestimmten Geldsumme in Euro gerichtet ist, § 688 Abs. 1 ZPO. Ansprüche wegen Geldforderungen in ausländischer Währung oder Ansprüche, die eine andere als eine Geldleistung zum Gegenstand haben, müssen daher im Wege der Klageerhebung geltend gemacht werden.

Hinweis: Ein Mahnverfahren findet nicht statt bei Ansprüchen eines Unternehmens aus einem Verbraucherdarlehensvertrag (§ 491 ff BGB) oder bei Finanzierungshilfen gem. §§ 506 - 508 BGB oder wenn die Zustellung des Mahnbescheids durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen müsste (§ 688 Abs. 2 Nr. 1 und 3 ZPO).

Fälliger Anspruch / vorherige Mahnung

Das Mahnverfahren setzt voraus, dass der Anspruch des Gläubigers fällig ist (vgl. § 271 BGB). Damit nicht der Gläubiger die Kosten des Mahnverfahrens zu tragen hat, sollte er die Zahlung vorher anmahnen, d. h. den Gläubiger zur Leistung auffordern, weil sodann die Kosten des Mahnverfahrens als sog. Verzugsschäden durch den Gläubiger zu ersetzen sind.

Keine Abhängigkeit von noch nicht erbrachter Leistung

Ein Mahnverfahren ist nicht zulässig, wenn die Geltendmachung des Anspruchs von einer noch nicht erbrachten Gegenleistung abhängig ist. Da nach den üblichen Vertragsvereinbarungen der Schuldner erst dann zu zahlen hat, wenn die vereinbarte Gegenleistung (Lieferung von Waren, Leistung von Diensten usw.) erbracht worden ist, muss der Gläubiger des Zahlungsanspruchs diese Gegenleistung vor Einleitung des Mahnverfahrens erbracht haben, es sei denn die Vertragsparteien haben ausnahmsweise die Vorauszahlung des Schuldners vereinbart.

Einleitung des Mahnverfahrens durch Antrag

Das Mahnverfahren wird nur durch Stellung eines Antrags auf Erlass eines Mahnbescheids eingeleitet. Antragsberechtigt ist dabei der Gläubiger einer Forderung. Er wird als Antragsteller bezeichnet.

Für den Antrag gibt es einheitliche, mit ausführlichen Ausfüllhinweisen versehene Vordrucke, die zwingend vom Antragsteller zu verwenden sind. Verwendet der Antragsteller den vorgesehenen Vordruck nicht, so ist der Antrag unzulässig und wird zurückgewiesen. Die Vordrucke sind im Schreibwarenhandel oder bei Fachverlagen erhältlich. Sie können handschriftlich ausgefüllt werden.

Die einfachste Möglichkeit ist, das interaktive Antragsformular über das Portal www.online-mahnantrag.de von Justiz NRW auszufüllen. Die Daten werden online eingegeben und direkt auf Plausibilität geprüft. Der Ausdruck erfolgt anschließend auf weißem Standardpapier. Bei dieser Möglichkeit ist die Verwendung des amtlichen Vordrucks nicht mehr erforderlich. Die Daten werden gleichzeitig in Klarschrift und als Barcode ausgedruckt. Der vollständig ausgedruckte Antrag muss dann nur noch vom Antragsteller unterschrieben und anschließend an das zuständige Mahngericht übersandt werden.

Über www.online-mahnantrag.de ist darüber hinaus auch eine elektronische Antragstellung möglich. Dafür sind aber besondere technische Voraussetzungen nötig. Nähere Informationen finden Sie unter www.mahnverfahren.nrw.de.

Notwendiger Inhalt des Antrags

Der Antrag muss auf den Erlass eines Mahnbescheids gerichtet sein und folgendes enthalten:

  • die vollständige Bezeichnung der Parteien,
  • die Bezeichnung des Mahn(Amts-)Gerichts,
  • die Bezeichnung des Anspruchs (zum Beispiel: aus Kaufvertrag vom ...),
  • die genaue Bezeichnung der begehrten Leistung, unterteilt in Haupt- und Nebenforderungen (zum Beispiel: Kaufpreis und Verzugszinsen),
  • die Erklärung, dass ein unbedingter, d. h. nicht von einer Gegenleistung abhängiger und fälliger Anspruch besteht,
  • die Bezeichnung des Gerichts, das für ein eventuelles streitiges Verfahren zuständig wäre,
  • die handschriftliche Unterzeichnung des Antragstellers, bzw. bei elektronischer Antragstellung Übermittlung einer qualifizierten Signatur.

Entscheidung über den Antrag

Wenn sämtliche förmliche Voraussetzungen zum Erlass des Mahnbescheides vorliegen, wird dieser erlassen. Dabei enthält der Mahnbescheid den ausdrücklichen Hinweis, dass das Gericht nicht geprüft hat, ob dem Antragsteller der geltend gemachte Anspruch auch wirklich zusteht. Eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift wird dann dem Schuldner, dem so genannten Antragsgegner, vom Gericht förmlich durch die Post zugestellt.

Erfüllt der Antrag die erforderlichen förmlichen Voraussetzungen nicht, wird der Antragsteller zunächst durch eine so genannte Zwischenverfügung auf den Mangel hingewiesen, damit er die Möglichkeit hat, diesen zu beheben. Tut er dies nicht, so wird der Antrag zurückgewiesen.

Ausbleiben einer Reaktion des Antragsgegners / Vollstreckungs-bescheid

Reagiert der Antragsgegner auf den Mahnbescheid nicht, das heißt, legt er nicht rechtzeitig Wider­spruch ein und zahlt er auch nicht, dann kann der Antragsteller nach Ablauf der zweiwöchigen Widerspruchsfrist einen sogenannten Vollstreckungsbescheid beantragen. Der Antrag auf Erlass des Vollstreckungsbescheids muss innerhalb von sechs Monaten gestellt werden, da ansonsten die Wirkung des Mahnbescheids entfällt, das heißt, er gilt als nicht erlassen. Die sechsmonatige Frist beginnt dabei mit der Zustellung des Mahnbescheids zu laufen. Der Vollstreckungsbescheid wird dem Antragsgegner von Amts wegen, das heißt von Seiten des Gerichts, zugestellt.

Gegen den Vollstreckungsbescheid kann der Antragsgegner innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung Einspruch einlegen. Geschieht dies, dann gibt das Gericht, das den Vollstreckungsbescheid erlassen hat, den Rechtsstreit von Amts wegen an das Gericht ab, das in dem Mahnbescheid bezeichnet ist. Mit Eingang der Akten bei dem benannten Gericht ist die Sache dort anhängig, das heißt, das normale streitige Verfahren beginnt. Von der Abgabe wird der Antragsteller benachrichtigt.

Legt der Antragsgegner keinen Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid ein, wird dieser mit Ablauf der für den Einspruch bestimmten Frist rechtskräftig. Mit diesem Titel kann der Gläubiger dann versuchen, seine Forderung mit Hilfe des Gerichtsvollziehers durchzusetzen.

Widerspruch des Antragsgegners

Der Antragsgegner kann aber auch gegen den Anspruch oder einen Teil des Anspruchs schriftlich Widerspruch erheben. Ein Vordruck für den Widerspruch ist dem Mahnbescheid immer beigefügt. Die Widerspruchsfrist beträgt grundsätzlich zwei Wochen. Es kann jedoch auch nach diesen zwei Wochen Widerspruch eingelegt werden, wenn der Vollstreckungsbescheid zu diesem Zeitpunkt noch nicht erlassen worden ist.

Der Widerspruch muss nicht begründet werden. Es muss lediglich ersichtlich sein, dass es sich um einen Widerspruch handelt. Dabei ist die falsche Bezeichnung des Widerspruchs als “Beschwerde” oder “Einspruch” unschädlich. Wenn der Widerspruch begründet wird, so müssen sich die Einwände gegen die Forderung an sich oder gegen die Höhe der Forderung richten. Der Widerspruch kann auch nur auf die Nebenforderungen beschränkt werden. In diesem Fall ist allerdings zu beachten, dass dann wegen des Restes, das heißt der Hauptforderung, ein Vollstreckungsbescheid erlassen werden kann.

Verfahren nach dem Widerspruch

Wenn der Widerspruch rechtzeitig erhoben wird, kann kein Vollstreckungsbescheid mehr erlassen werden. Vielmehr kann dann jede Partei, das heißt sowohl Antragsteller als auch Antragsgegner, die Durchführung des “normalen” streitigen Verfahrens beantragen. Geschieht dies, so gibt das Gericht, das den Mahnbescheid erlassen hat, den Rechtsstreit von Amts wegen an das im Mahnbescheid bezeichnete Gericht (Amtsgericht oder Landgericht) ab. Das Gericht benachrichtigt die Parteien, sobald es die Sache abgegeben hat.

Mahnverfahren bei Auslandsbezug

Besonderheiten ergeben sich, wenn sich Gläubiger oder Schuldner im Ausland befinden. Häufig wird sich die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes empfehlen. Die folgende Darstellung bietet daher nur einen groben Überblick.

 

1. Schuldner im Ausland

2. Gläubiger im Inland

1. Schuldner im Inland

2. Gläubiger im Ausland

Zuständig ist das Amtsgericht, das für ein streitiges Verfahren zuständig sein würde. (s. dazu a))

Zuständig ist ausschließlich das Amtsgericht Berlin-Wedding.

Die Zustellung des Mahnbescheides in dem anderen Land muss möglich sein. (s. dazu b))

 

Voraussetzungen für die Zuständigkeit eines deutschen Gerichts

  • Parteien haben deutschen Erfüllungsort vereinbart
  • der Erfüllungsort liegt aus anderen Gründen in Deutschland, oder
  • die Parteien haben deutschen Gerichtsstand vereinbart

Zustellung des Mahnbescheides

Die Zustellung des Mahnbescheides im Ausland findet nur in den folgenden Ländern statt

 

Belgien

Niederlande

Bulgarien

Norwegen

Dänemark

Österreich

Estland

Polen

Finnland

Portugal

Frankreich

Rumänien

Griechenland

Schweden

Irland

Schweiz

Island

Slowakei

Israel

Slowenien

Italien

Spanien

Lettland

Tschechische Republik

Litauen

Ungarn

Luxemburg

Vereinigtes Königreich

Malta

Zypern

 

Europäisches Mahnverfahren

Neben dem deutschen Mahnverfahren gibt es auch die Möglichkeit, das „Europäische Mahnverfahren“ durchzuführen. Nähere Informationen finden Sie in unserem Merkblatt „Mahnverfahren: Forderungsbeitreibung in der EU“.